Der Entscheidung des BGH ist zuzustimmen. Ist die Hinzuziehung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten nach Maßgabe des § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO erstattungsrechtlich anzuerkennen, gilt dies für sämtliche gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts. Eine gesonderte Prüfung, ob die Wahrnehmung der Terminsreise des auswärtigen Prozessbevollmächtigten im Einzelfall notwendig war oder ob ein am Gerichtsort kanzleiansässiger Rechtsanwalt den Termin hätte wahrnehmen können, ist in diesem Fall grds. nicht vorzunehmen. Dies ergibt sich m.E. bereits aus der Gesetzessystematik in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO. Danach sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei grds. erstattungsfähig. Einschränkungen macht das Gesetz nur für Reisekosten eines nicht im Bezirk des Prozessgerichts kanzleiansässigen und wohnhaften Rechtsanwalts. Ist dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig, so gilt im Umkehrschluss, dass zu den grds. nach Hs. 1 zu erstattenden Auslagen des Rechtsanwalts auch dessen Reisekosten in vollem Umfang erstattungsfähig sind.
1. Auswirkungen auf die Kostenerstattung
Dies führt somit im Regelfall dazu, dass im Kostenfestsetzungsverfahren lediglich zu prüfen ist, ob die Einschaltung des auswärtigen Prozessbevollmächtigten notwendig war. Ist dies nicht der Fall, kann die obsiegende Partei grds. nur diejenigen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts am Ort des Prozessgerichts erstattet verlangen. Dabei sind allerdings tatsächlich angefallene Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts insoweit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte (BGH AGS 2018, 319 = zfs 2018, 524 m. Anm. Hansens = RVGreport 2018, 341 [Hansens]).
2. Folgen für die Beratung über das Prozesskostenrisiko
Die Entscheidung des BGH hat aber auch Auswirkungen auf den Inhalt der anwaltlichen Belehrung über das Prozesskostenrisiko. Grds. hat der Rechtsanwalt seinen Mandanten, der einen Rechtstreit führen will, auch über das Prozesskostenrisiko zu beraten, wozu auch die mögliche Erstattungspflicht gegenüber dem Gegner gehört. Das Problem ist es, dass die Höhe der dem Gegner anfallenden und erstattungsfähigen Anwaltskosten vorab kaum zu ermitteln sind. So konnte möglicherweise der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht voraussehen, dass sich die in München ansässige Beklagte durch Kölner Prozessbevollmächtigte vertreten lässt. Ebenso wenig kann bei Entgegennahme des Prozessmandats abgesehen werden, welche (Termins-)Reisekosten dem Rechtsanwalt der Gegenseite anfallen können. Dies hängt einmal davon ab, in welcher Entfernung vom Gericht der Rechtsanwalt der Gegenseite seine Kanzlei hat und mit welchen Verkehrsmitteln er anreist. Natürlich hat auch die Anzahl der Termine einen erheblichen Einfluss auf die Höhe der Terminsreisekosten. Deshalb kann die anwaltliche Belehrung des Mandanten über den Umfang des Prozesskostenrisikos nicht auf Euro und Cent genau sein. Der Anwalt kann dem Mandanten nur sagen, welche Gebühren und Auslagen voraussichtlich für einen am Ort des Prozessgerichts kanzleiansässigen Gegenanwalt anfallen. Darüber hinaus hat der Anwalt seinen Mandanten aber auch darauf hinzuweisen, dass diese Auslagen weitaus höher sein können, nämlich dann, wenn – wie im Fall des BGH – die Einschaltung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten als notwendig anzuerkennen ist. Ein solcher Hinweis ist insbesondere in den Fällen geboten, in dem der Gegner wirtschaftlich bundesweit tätig ist, etwa im Bereich der Telekommunikation, des Bankenwesens oder – wie hier – des Leasingrechts. In solchen Fällen kommt es nämlich häufig vor, dass sich die Partei durch einen auswärtigen Prozessbevollmächtigten vertreten lässt und dies erstattungsrechtlich anzuerkennen ist.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 11/2021, S. 506 - 509