I. Im gerichtlichen Verfahren
Für die Erstattungsfähigkeit der in einem gerichtlichen Verfahren über eine Inkassoforderung anfallenden Anwaltskosten gilt § 91 Abs. 2 ZPO. Danach sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten. Die Vergütung des Rechtsanwalts (Gebühren und Auslagen, § 1 Abs. 1 S. 1 RVG) ergibt sich dabei aus den Vorschriften des RVG.
II. Im außergerichtlichen Bereich
1. Gesetzliche Gebühr
Die Gebühren und Auslagen des RVG sind im Bereich des außergerichtlichen Inkassos auch für einen möglichen Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner auf Ersatz der Kosten, die dem Gläubiger mit der Beauftragung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts entstanden sind, relevant. Denn der Gläubiger kann als Kosten der Rechtsverfolgung grds. nur die gesetzlichen Gebühren ersetzt verlangen.
2. Rechtsprechung des BGH
Gerät der Schuldner in Zahlungsverzug, ist nach Rspr. des BGH auch in rechtlich einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich; ein Mandat zur außergerichtlichen Vertretung muss dabei im Regelfall auch nicht auf ein Schreiben einfacher Art, wodurch eine 0,3-Geschäftsgebühr Nr. 2301 VV ausgelöst wird, beschränkt werden. Ein Schädiger hat zwar nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.
Ein Schadensfall in diesem Sinne liegt aber auch vor, wenn der Schuldner einer Entgeltforderung in Zahlungsverzug gerät. Zur Beitreibung einer solchen Forderung ist dann regelmäßig selbst in einfach gelagerten Fällen die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig. Das seinerseits Erforderliche tut der Gläubiger dadurch, dass er den Schuldner in Verzug setzt. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss er nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen.
Darf der Gläubiger einer Entgeltforderung die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich und zweckmäßig halten, muss er einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung dabei in der Regel auch nicht auf ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2301 VV beschränken.
III. Inkassounternehmen und Rechtsanwalt
1. Grundsatz: Keine kumulative Erstattung
Nach h.M. in Rspr. und Schrifttum zur Rechtslage bis 30.9.2021 konnte ein Gläubiger als Verzugsschaden die Kosten der außergerichtlichen Beitreibungsbemühungen eines Inkassobüros und eines Rechtsanwalts nicht kumulativ ersetzt verlangen.
§ 13f RDG regelt seit 1.10.2021 die Erstattungsfähigkeit bei der Beauftragung sowohl eines Inkassodienstleisters als auch eines Rechtsanwalts. Danach kann der Gläubiger einer Forderung im Falle der Beauftragung sowohl eines Inkassodienstleisters als auch eines Rechtsanwalts mit deren Einziehung die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er nur einen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Das gilt für alle außergerichtlichen und gerichtlichen Aufträge, allerdings dann nicht, wenn der Schuldner die Forderung erst nach der Beauftragung eines Inkassodienstleisters bestritten hat und das Bestreiten Anlass für die Beauftragung eines Rechtsanwalts gegeben hat.
Die Regelung stellt gesetzlich klar, dass die Beauftragung sowohl eines Inkassodienstleisters als auch eines Rechtsanwalts bei einer vom Schuldner nicht bestrittenen Forderung nicht dazu führen darf, dass der Schuldner höhere Kosten zu erstatten hat, als bei alleiniger Beauftragung eines Rechtsanwalts entstanden wären. Denn einem Gläubiger, der mit der Durchsetzung einer unbestrittenen Forderung eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beauftragen möchte, ist es zuzumuten, dies von vornherein zu tun.
2. Bestreiten des Schuldners
Der Gesetzgeber weist in den Motiven darauf hin, dass ein Bestreiten i.S.d. Vorschrift ein aktives Tun des Schuldners voraussetzt. Selbst wenn ein Schuldner mehrfach an seine Verpflichtungen erinnert wurde, könne allein aus einer fehlenden Reaktion nicht darauf geschlossen werden, dass er die Forderung nicht anerkenne.
Die Einlegung eines Widerspruchs gegen den Mahnbescheid nach § 694 ZPO soll dabei als Bestreiten der Forderung anzusehen sein.
Das Bestreiten durch den Schuldner soll keinen Anlass für die Beauftragung eines Rechtsanwalts geben, wenn es sich zum Beispiel nur gegen die vom Inkassodienstleister geltend gemachten Kosten richtet.
Aber auch wenn es sich um rechtlich einfache Fragen zur Forderung selbst, z.B. im Zusammenhang mit dem Eintritt eines Verzugs oder der Berechtigung einer Zinsforderung, handelt, kann die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich sein, da Inkassodienstleister bei Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit stehe...