Das OLG Brandenburg verweist hinsichtlich verschiedener Fragen auf die Gründe des Kostenfestsetzungsbeschlusses und auf das Vorbringen des Beklagten, ohne dies näher zu zitieren. Deshalb kann die Notwendigkeit der Einschaltung des Privatgutachters nicht überprüft werden. Möglicherweise wird die Notwendigkeit auch durch den Prozessverlauf bestätigt, hat die Klägerin doch nach Vorlage des Privatgutachtens ihre Klage zurückgenommen.

1. Fehlende Sachkunde der Partei

Ein Argument des OLG Brandenburg für die Notwendigkeit der Einholung des Privatgutachtens überzeugt jedoch nicht. Nach Auffassung des OLG ist die Einholung eines Privatgutachtens dann notwendig, wenn der Partei das erforderliche Spezialwissen fehlt, um sich sachgerecht mit dem gerichtlich eingeholten Gutachten auseinanderzusetzen. Warum dies auf Seiten des Beklagten der Fall sein soll, erschließt sich dem Leser der Entscheidung nicht ohne Weiteres. Immerhin hatte der Beklagte die Planung der verfahrensgegenständlichen Biogasanlage übernommen und hatte damit doch einige Sachkunde, sich zu den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zu äußern. Allerdings könnte fraglich sein, ob das Spezialwissen des Beklagten ausgereicht hätte, die Feststellungen des Gerichtssachverständigen zu erschüttern und schlüssig vorzutragen, dass das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten so mangelhaft sei, dass die Einholung eines weiteren Gutachtens durch das Gericht erforderlich sei. Wohl zu Recht hat das OLG Brandenburg Zweifel daran geäußert, dass sich das LG Potsdam allein von der gegenläufigen Stellungnahme des Beklagten selbst von der Mangelhaftigkeit des Gerichtssachverständigengutachtens hätte überzeugen lassen.

Jedenfalls ist die Entscheidung des OLG Brandenburg ein weiterer Beleg dafür, dass auch die Kosten von prozessbegleitend eingeholten Privatgutachten im Einzelfall einmal erstattungsfähig sein können.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg gibt Anlass, die Grundsätze für die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten im Allgemeinen und von Kosten eines prozessbegleitend eingeholten Privatgutachtens im Besonderen zusammenzustellen.

2. Prozessbezogenheit der Privatgutachtenkosten

Zunächst müssen die Privatgutachterkosten dem konkreten Rechtsstreit zuzuordnen sein (BGH RVGreport 2008,191 [Hansens] = zfs 2018, 344 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2009, 195 [Ders.]; BGH RVGreport 2013, 276 [Ders.] = zfs 2013, 526 m. Anm. Hansens = NJW 2013, 1820; BGH RVGreport 2013, 236 [Ders.] = zfs 2013, 346 m. Anm. Hansens = NJW 2013, 1823; BGH RVGreport 2012, 229 [Ders.] = zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2017, 182 [Ders.]). Diese Voraussetzungen sind etwa in folgenden Fallgestaltungen gegeben:

Die Partei erteilt den Gutachtenauftrag, nachdem der Gegner Klage angedroht hat.
Die Partei hat den Gutachtenauftrag vor Klagezustellung erteilt, das Privatgutachten ist aber erst nach Zustellung der Klage erstellt worden, so BGH BRAGOreport 2003, 96 [Hansens].
Das Privatgutachten wird im Hinblick auf den laufenden Rechtsstreit in Auftrag gegeben, so BGH RVGreport 2012, 229 [Ders.]. Ein solcher Fall hat hier vorgelegen, sodass das im Laufe des anhängigen Rechtsstreits von dem Beklagten in Auftrag gegebene Privatgutachten prozessbezogen war.

3. Notwendigkeit der Privatgutachtenkosten

Nach der st. Rspr. des BGH (s. RVGreport 2012, 229 [Hansens] = zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens), auf die sich auch das OLG Brandenburg bezogen hat, sind diejenigen Kosten notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als notwendig ansehen darf. Für die Beurteilung der Notwendigkeit ist dabei auf den Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtenauftrags abzustellen (s. BGH RVGreport 2003, 96 [Hansens] = AGS 2003, 178; BGH RVGreport 2006, 315 [Ders.] = AGS 2006, 461; BGH RVGreport 2012, 229 [Ders.] = zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens; BGH RVGreport 2013, 236 [Ders.] = zfs 2013, 346). In Anwendung dieser Grundsätze können auch die Kosten für ein Privatgutachten erstattungsfähig sein, das im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens eingeholt worden ist (BGH RVGreport 2013, 276 [Hansens]).

Dabei ist die Einholung eines Privatgutachtens insbesondere in folgenden Fällen notwendig:

Die Partei wäre ohne Einholung eines Privatgutachtens infolge fehlender Sachkenntnis oder wegen der Komplexität der zu beurteilenden Tatsachen zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage gewesen (s. BGH RVGreport 2012, 229 [Hansens]; BGH RVGreport 2013, 276 [Ders.]; BGH RVGreport 2017, 182 [Ders.]). Im Fall des OLG Koblenz RVGreport 2018, 69 [Hansens] hatte die Klägerin behauptet, dass die Beklagte bzw. ihr Prozessbevollmächtigter über hinreichende eigene Sachkompetenz verfügt hätten. Da die fehlende Sachkenntnis der Partei, die das Privatgutachten in Auftrag gegeben hat, gerade eine wesentliche Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit der Privatgutachtenkosten ist, muss sie ihre fehlende Sachkenntnis im Kostenfestsetzung...

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