§ 42 Abs. 3 FamGKG
Leitsatz
Der Verfahrenswert eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Klärung eines Zugewinnausgleichsanspruchs richtet sich danach, inwieweit die unterschiedlichen Vorstellungen der Beteiligten sich auf den Zugewinnausgleichsanspruch auswirken. Fehlt es an einer solchen Auswirkung, ist der Auffangwert festzusetzen.
KG, Beschl. v. 4.7.2022 – 18 WF 57/22
I. Sachverhalt
Der Antragsteller hatte ein selbstständiges Beweisverfahren zur Bewertung einer Immobilie eingeleitet, damit dieser Wert bei der Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung zugrunde gelegt werden könne. Bei Antragseinreichung wurde insoweit nicht mitgeteilt, ob und welche unterschiedlichen Vorstellungen die Eheleute hinsichtlich des Wertes der Immobilie hatten. Später hat der Antragsteller seinen Antrag zurückgenommen, nachdem die Beteiligten sich umfassend einer notariellen Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvereinbarung auch über den Zugewinnausgleich geeinigt hatten. In dieser Vereinbarung sind die Eheleute von einem Aktivwert des Grundstücks i.H.v. 2.730.000,00 EUR ausgegangen und von valutierenden Belastungen i.H.v. 330.000,00 EUR, sodass der Nettowert des Grundstücks 2,4 Mio. EUR betrug. Das FamG hat den Verfahrenswert für das selbstständige Beweisverfahren auf 513.000,00 EUR festgesetzt und dies damit begründet, der Wert des selbstständigen Beweisverfahrens richte sich nach dem Wert des Anspruchs des eventuell folgenden Hauptsacheverfahrens und belaufe sich auf die Hälfte des zu sichernden Anspruchs. Hier habe die Zugewinnausgleichsforderung 1.026.000,00 EUR betragen, sodass die Hälfte hiervon 513.000,00 EUR ergeben würde. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der eine Wertfestsetzung auf 5.000,00 EUR beantragt. Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Immobilienwertes habe es zwischen den Eheleuten nie gegeben. Das OLG hat den Verfahrenswert auf 5.000,00 EUR herabgesetzt.
II. Maßgebend ist streitige Differenz der gegenseitigen Zugewinnberechnungen
Der Verfahrenswert eines selbstständigen Beweisverfahrens bemisst sich nach dem Wert der Hauptsache und damit nach dem Wert des Zugewinnausgleichsanspruchs. Allerdings darf nicht ohne Weiteres der volle Zugewinnausgleichsanspruch zugrunde gelegt werden. Entscheidend ist vielmehr, inwieweit zwischen den Beteiligten Streit über die Höhe des Zugewinnausgleichsanspruch bestand und dieser Streit durch das Beweisverfahren beseitigt werden sollte. Es ist also danach zu fragen, welcher Zugewinnausgleich sich bei Annahme des vom Antragsteller angenommenen Wertes der Immobilie ergibt und welcher Zugewinnausgleichsanspruch sich nach dem von der Antragsgegnerin angenommenen Wert ergibt. Diese Wertdifferenz bildet den Verfahrenswert (OLG Hamm BeckRS 2013, 18004; N. Schneider, NJW-Spezial 2011, 731). Beide Eheleute sind übereinstimmend von einem Nettoimmobilienwert von 2,4 Mio. EUR ausgegangen, sodass kein Streit über die Höhe des Immobilienwertes bestand. Damit ergab sich aber keine streitige Differenz. Die streitige Differenz hinsichtlich des Zugewinnausgleichsanspruchs resultierte vielmehr aus der Bewertung anderer Vermögenspositionen, die aber nicht Gegenstand des Beweisverfahrens waren. Ausgehend hiervon ist gem. § 42 Abs. 3 FamGKG auf die Auffangklausel zurückzugreifen und der Verfahrenswert auf 5.000,00 EUR festzusetzen.
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend ist, dass sich der Wert eines selbstständigen Beweisverfahrens auf Zugewinn nach der streitigen Differenz berechnet. Es ist also danach zu fragen, welcher Zugewinnausgleichsanspruch sich nach dem vom Antragsteller angenommenen Wert ergibt und welcher Zugewinnausgleich sich nach dem von der Antragsgegnerin behaupteten Wert ergibt. In der Regel ist dann die hälftige Wertdifferenz maßgebend.
Beispiel
Die Eheleute streiten über den Wert einer Immobilie. Die Ehefrau geht von einem Wert i.H.v. 500.000,00 EUR aus, der Ehemann von 200.000,00 EUR.
Die streitige Differenz beträgt zwar 300.000,00 EUR; sie wirkt sich aber nur zur Hälfte, also i.H.v. 150.000,00 EUR, auf den Zugewinnausgleichsanspruch aus, sodass der Verfahrenswert 150.000,00 EUR beträgt.
Abweichungen können sich ergeben, wenn i.Ü. "negatives Vermögen" vorhanden ist. Hier hat das Gericht zutreffend herausgearbeitet, dass keine Differenz bestand, was auch dazu geführt hätte, dass der Antrag als unzulässig hätte abgewiesen werden müssen. In einem solchen Fall greift aber nicht § 42 Abs. 3 FamGKG, der nur dann anzuwenden ist, wenn keine Anhaltspunkte vorhanden sind. Hier waren ja Anhaltspunkte vorhanden, nämlich dahingehend, dass die Differenz gleich Null war. Ist aber der Wert gleich Null, dann greift die unterste Gebührenstufe von bis 500,00 EUR. So auch AG (Grevenbroich NZFam 2017, 623) in einem vergleichbaren Fall.
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 11/2022, S. 523 - 524