§§ 41, 49, 55 FamGKG
Leitsatz
- Die Beschwerde eines Beteiligten, der die Wertfestsetzung mit der Behauptung angreift, das FamG habe einen zu geringen Wert angesetzt, ist mangels Beschwer unzulässig.
- Eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes kann nur vom Verfahrensbevollmächtigten eines Beteiligten geltend gemacht werden, dies allerdings ausschließlich im Namen des Bevollmächtigten.
- Der Umstand, dass dem Antragsgegner in einer Gewaltschutzsache u.a. untersagt wurde, sich der von der Antragstellerin genutzten Wohnung zu nähern oder diese zu betreten, führt nicht dazu, dass deshalb "die Wohnung betroffen" ist und daher ein höherer Verfahrenswert festzusetzen wäre.
KG, Beschl. v. 23.9.2022 – 16 WF 95/22
I. Sachverhalt
Dem Antragsgegner war vom FamG durch einstweilige Anordnung auf der Grundlage von § 1 GewSchG untersagt worden, zur Antragstellerin Kontakt aufzunehmen, mit ihr zusammenzutreffen, sich ihr zu nähern oder die Wohnung der Antragstellerin ohne ihre Zustimmung nochmals zu betreten. Den Verfahrenswert hat das FamG auf 1.000,00 EUR festgesetzt. Dagegen hat Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners in dessen Namen Beschwerde erhoben mit dem Ziel, den Verfahrenswert auf 2.500,00 EUR festzusetzen.
II. Erforderlicher Beschwerdewert ist erreicht
Die Verfahrenswertbeschwerde ist zwar rechtzeitig eingegangen (§§ 59 Abs. 1 S. 3, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG); auch ist der Beschwerdewert von über 200,00 EUR (§ 59 Abs. 1 FamGKG) erreicht. Auf Grundlage der familiengerichtlichen Wertfestsetzung von 1.000,00 EUR ergibt sich eine 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) nebst Umsatzsteuer i.H.v. (114,40 EUR + 19 % =) 136,13 EUR, wohingegen sich bei der vom Antragsgegner begehrten Heraufsetzung des Wertes auf 2.500,00 EUR eine 1,3-Verfahrensgebühr nebst Umsatzsteuer von (288,60 EUR + 19 % =) 343,43 EUR errechnen würde. Die Differenz allein zwischen den Rechtsanwaltsgebühren, die sich nach dem festgesetzten Wert und dem begehrten Verfahrenswert ergebe, betrage mit 207,30 EUR mithin bereits mehr als 200,00 EUR.
III. Beschwerde dennoch unzulässig
Gleichwohl erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unzulässig. Der Antragsgegner ist durch den von ihm angegriffenen Verfahrenswertbeschluss nicht beschwert, denn er begehrt keine Herabsetzung des Verfahrenswertes, sondern fordert, dass der Wert heraufgesetzt werden soll. Mit der begehrten Heraufsetzung des Verfahrenswertes auf mehr als den doppelten Wert würde er jedoch ganz massiv belastet werden, weil sich dadurch die von ihm nach dem ergangenen Beschluss zu tragenden Verfahrenskosten erhöhen würden. Das kann ganz offensichtlich nicht im Interesse des Antragsgegners liegen. Deshalb kann er auch kein schutzwürdiges Interesse an einer derartigen Beschwerde haben. Diese ist vielmehr mangels Beschwer als unzulässig zu verwerfen (§ 68 Abs. 2 S. 2 FamFG).
An der begehrten Erhöhung des Verfahrenswertes kann allenfalls der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners ein Interesse haben, weil sich dadurch die Anwaltsvergütung erhöhen würde. Zu diesem Zweck verfügt ein Rechtsanwalt nach § 32 Abs. 2 RVG über ein eigenes Antrags- und Beschwerderecht. Dafür, dass der jeweilige Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners im eigenen Namen eine Heraufsetzung des Verfahrenswertes begehren wollte, ist jedoch nichts ersichtlich, zumal aus der vorliegenden Akte nicht ersichtlich ist, dass der Bevollmächtigte des Antragsgegner für diesen schon in Erkenntnisverfahren tätig gewesen war. Auch aus der Beschwerdeschrift geht nicht hervor, dass die Verfahrenswertbeschwerde im Namen des Verfahrensbevollmächtigten eingelegt worden ist. Die bei Verfahrenswertbeschwerden nach § 32 Abs. 2 RVG in der Praxis üblichen Formulierungen, wie etwa "lege ich im eigenen Namen Beschwerde ein" sind gerade nicht benutzt worden. Das verwendete Kurzrubrum weist vielmehr daraufhin, dass mit dem Schriftsatz eine Beschwerde für den Antragsgegner eingelegt werden sollte. Das führt jedoch zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels, weil der Antragsgegner durch eine angeblich zu niedrige Verfahrenswertfestsetzung nicht beschwert sein kann.
Die Beschwerde sei damit unzulässig und deshalb zu verwerfen gewesen.
IV. Auch in der Sache unbegründet
Abgesehen davon ist die Wertfestsetzung des FamG auch zutreffend. Sowohl in der Antragsschrift als auch im erlassenen Beschluss ist stets nur von Maßnahmen nach § 1 GewSchG – also von einem Kontakt- und Näherungsverbot – die Rede, nicht aber auch von einer Wohnungsüberlassung nach § 2 GewSchG, die geeignet wäre, die begehrte, höhere Verfahrenswertfestsetzung zu rechtfertigen. Alleine aus Umstand, dass dem Antragsgegner untersagt worden ist, sich der Wohnung zu nähern oder diese zu betreten, kann nicht geschlossen werden, dass das Verfahren die Wohnung betrifft, mit der Folge, dass ein höherer Verfahrenswert festzusetzen sei.
V. Bedeutung für die Praxis
Unverständlicherweise ist regelmäßig zu beobachten, dass Anwälte – wie hier – unzulässige Verfahrenswertbeschwerden einlegen. Wie der Name "Beschwerde" schon sagt, ist eine Beschwer erforderlich. Für einen Beteiligten kann sich eine Beschwer nur daraus ergeben, dass das Gericht den Verfahrenswert zu hoch festgesetzt hat, we...