1. Die bisherige Auffassung des OLG Celle
In seinem Beschl. v. 19.1.2017 (2 W 12/17, AGS 2018, 39 = RVGreport 2017, 150 [Hansens]) hatte das OLG Celle den auf das gesetzliche Vertretungsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 BRAO gestützten Einwand der Nichtigkeit des zwischen der erstattungsberechtigten Partei und deren Prozessbevollmächtigten geschlossenen Anwaltsvertrages geprüft. Diese Prüfung des OLG Celle hatte ergeben, dass der Einwand zutraf, sodass der Anwaltsvertrag gem. § 134 BGB als nichtig anzusehen war, was wiederum zum Verlust des Vergütungsanspruchs der Prozessbevollmächtigten und gleichzeitig zum Verlust eines entsprechenden Erstattungsanspruchs zur Folge gehabt hatte.
2. Die aktuelle Entscheidung des OLG Celle vom 21.8.2023
In seiner jetzigen Entscheidung hat das OLG Celle die Auffassung vertreten, der Einwand der Nichtigkeit des Anwaltsvertrages zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten könne im Kostenfestsetzungsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn die tatsächlichen Grundlagen hierfür unstreitig oder vom Rechtspfleger ohne Schwierigkeiten den Akten zu entnehmen seien.
Ein solcher Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen. Die behauptete Interessenkollision sei nämlich zwischen den Parteien des Kostenfestsetzungsverfahrens streitig gewesen. Die Rechtslage habe von der Rechtspflegerin auch nicht i.S.d. Auffassung des Beklagten ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Im Gegenteil ergab sich – wie die Rechtspflegerin in ihrem Nichtabhilfebeschluss dargetan habe – aus den eingereichten Anlagen lediglich eine Bestätigung des Vorbringens der Klägerin. Um die Richtigkeit des Vorbringens des Beklagten zu überprüfen, hätte es nach Auffassung des OLG Celle einer intensiven Auseinandersetzung mit dem umfangreichen Vorbringen des Beklagten, der Auswertung des gesamten 6-bändigen Akteninhalts und ggf. der Vernehmung der Zeugen bedurft. Ein solches Vorgehen sprenge die Prüfungskompetenz des Rechtspflegers im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens. Somit habe die Rechtspflegerin zu Recht eine weitere Prüfung der Behauptung des Beklagten abgelehnt.
3. Keine gegenteilige Rechtsprechung
Dem steht nach den weiteren Ausführungen des OLG Celle die von dem Beklagten für seine Auffassung herangezogene Rspr. nicht entgegen. So seien bei den Entscheidungen des OLG Stuttgart (JurBüro 1999, 314 = AGS 2001, 539) und des OVG Bautzen (NJW 2003, 3504, 3505) Verstöße gegen das Vertretungsverbot gem. §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 BRAO eindeutig gewesen. Einer vertieften aufwändigen Prüfung der Sach- und Rechtslage hatte es in jenen Verfahren nicht bedurft. Ebenfalls habe in dem Verfahren des OLG Celle (AGS 2018, 39 = RVGreport 2017, 150 [Hansens]) die Interesskollision eindeutig festgestellt werden können.
Somit waren nach Auffassung des OLG Celle die von dem Beklagten herangezogenen Beispiele aus der Rspr. mit dem zugrunde liegenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht vergleichbar. Die Rechtspflegerin hätte nämlich eine umfangreiche und aufwändige Überprüfung der Sach- und Rechtslage vornehmen müssen, um die Streitfrage zu klären. Dies hätte ihre eingeschränkte Prüfungskompetenz im Kostenfestsetzungsverfahren überschritten.
Abschließend hat das OLG Celle offengelassen, ob das Vorbringen, der Anwaltsvertrag zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihren Prozessbevollmächtigten sei aus berufsrechtlichen Gründen nichtig, eine materiell-rechtliche Einwendung darstellt, die im Kostenfestsetzungsverfahren generell nicht zu prüfen ist.