Für die Abrechnung des sog. Klageerzwingungsverfahrens (§§ 172 ff. StPO) ist zu unterscheiden zwischen dem Vertreter des Antragstellers (dazu IV., 1.) und dem Vertreter/Verteidiger des Beschuldigten (dazu IV., 2.). Außerdem kommt es auch hier darauf an, ob der Rechtsanwalt jeweils bereits (schon) den Auftrag zur vollen Vertretung/Verteidigung erhalten hatte, oder ob er im Rahmen einer Einzeltätigkeit tätig geworden ist.
1. Rechtsanwalt des Antragstellers
Für den Rechtsanwalt des Antragstellers im Klageerzwingungsverfahren gilt:
a) Voller Auftrag
Soll der Rechtsanwalt für den Antragsteller nicht nur im Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 StPO tätig werden, sondern hat von vorneherein den vollen Auftrag den Antragsteller als Verletzten, der sich ggf. einer erhobenen Anklage als Nebenkläger anschließen will, zu vertreten, gilt Vorbem. 4 Abs. 1 VV. Der Rechtsanwalt ist dann Vertreter eines Verletzten/Nebenklägers und rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV ab. Für ihn entstehen dann die Grundgebühr Nr. 4100 VV und die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren Nr. 4104 VV.
Weitere Gebühren entstehen für diesen Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Klageerzwingungsverfahren nicht. Dieses ist mit dem Beschluss nach § 175 StPO beendet. Die vom OLG beschlossene Erhebung der Anklage wird von der Staatsanwaltschaft durchgeführt (§ 175 S. 2 StPO). Das vorbereitende Verfahren ist nach der Anm. zu Nr. 4104 VV erst mit dem Eingang der Anklage beim Gericht beendet. Erst dann entsteht ggf. die gerichtliche Verfahrensgebühr.
Wird der Rechtsanwalt dem Antragsteller nach § 172 Abs. 3 S. 2 StPO im (gesamten) vorbereitenden Verfahren als Beistand bestellt, fallen keine Gebühren für Einzeltätigkeiten an (vgl. IV. 1. b)), sondern die Abrechnung erfolgt nach Teil 4 Abschnitt 1 VV. In Betracht kommt dann auch die Gewährung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG.
b) Einzeltätigkeiten
Hat der Rechtsanwalt nicht den vollen Auftrag erhalten, sondern wird für den Antragsteller nur im Rahmen von Einzeltätigkeiten tätig, gilt:
aa) Einstellungsbeschwerde (§ 172 Abs. 1 StPO)
Soll der Rechtsanwalt nur die sog. Einstellungsbeschwerde (§ 172 Abs. 1 StPO) einlegen, entsteht dafür die Verfahrensgebühr Nr. 4302 Nr. 1 VV. Soll der Rechtsanwalt die Einstellungsbeschwerde ggf. (auch) begründen, entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 4302 Nr. 2 VV. Ist er mit der Beistandsleistung im Einstellungsbeschwerdeverfahren beauftragt, entsteht die Verfahrensgebühr Nr. 4302 Nr. 3 VV. Eine Grundgebühr Nr. 4100 VV entsteht nicht zusätzlich.
Hinsichtlich der Frage, welche Gebühren entstehen, wenn dieser Rechtsanwalt von vornherein gleichzeitig mit der Beschwerdeeinlegung und -begründung beauftragt wird bzw. die Aufträge nacheinander erteilt werden, gelten die allgemeinen Regeln (dazu die Ausführungen bei III., 2. a)). Es handelt sich jeweils um selbstständige Angelegenheiten. Es gilt über Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV § 15 Abs. 6 RVG.
bb) Vertretung im Klageerzwingungsverfahren
Erhält der Rechtsanwalt den Auftrag, den Antragsteller nach einer erfolglosen Einstellungsbeschwerde auch im eigentlichen Klageerzwingungsverfahren nach § 172 Abs. 2 bis 4 StPO zu vertreten, entsteht dafür eine Verfahrensgebühr Nr. 4301 Nr. 5 VV. Diese Verfahrensgebühr deckt im Verfahren nach § 172 Abs. 2 bis 4 StPO sämtliche vom Rechtsanwalt erbrachte Tätigkeiten ab. Das können sein Erstellung, Unterzeichnung und Einreichung des Klageerzwingungsantrags, Beratung des Antragstellers im weiteren Verfahren und sonstige Beistandsleistungen, wie z.B. bei gerichtlichen Ermittlungen. Eine Grundgebühr Nr. 4100 VV entsteht auch in diesem Fall nicht zusätzlich.
Die Verfahrensgebühr Nr. 4301 Nr. 5 VV kann, wenn der Rechtsanwalt zunächst auch mit der Einstellungsbeschwerde beauftragt war (dazu IV. 1. b) aa)), neben der Verfahrensgebühr Nr. 4302 Nr. 1 VV entstehen. Es handelt sich um unterschiedliche Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG. Über Vorbem. 4 Abs. 3 S. 2 VV gilt § 15 Abs. 6 RVG. In jeder Angelegenheit kann dann nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 7002 VV auch die Auslagenpauschale entstehen.
Erhält der Rechtsanwalt später den vollen Auftrag, den Antragsteller im Strafverfahren zu vertreten, gilt Vorbem. 4.3 Abs. 4 VV. Die für die Einzeltätigkeit erhaltenen Gebühren werden angerechnet.