1. Anwendungsbereich
Teilweise sehen die Verfahrensordnungen vor, dass ein besonderes Zulassungsverfahren durchzuführen ist. Das gilt für verwaltungsgerichtliche Verfahren. Nach § 124a Abs. 4 S. 1 VwGO ist die Zulassung der Berufung binnen eines Monats zu beantragen, wenn das Verwaltungsgericht die Berufung nicht in dem Urteil zugelassen hat. Über den Antrag, der bei dem Verwaltungsgericht zu stellen ist (§ 124a Abs. 4 S. 2 VwGO), entscheidet das OVG (§ 124a Abs. 5 S. 1 VwGO). Ebenso ist für die Asylsachen bestimmt, dass die Berufung stattfindet, wenn das OVG sie zulässt (§ 78 Abs. 2 AsylG). Der Antrag ist beim Verwaltungsgericht zu stellen (§ 78 Abs. 4 S. 2 AsylG). Lehnt das OVG die Zulassung ab, erwachsen die Urteile in formeller Rechtskraft (§ 124a Abs. 5 S. 4 VwGO, § 78 Abs. 5 S. 2 AsylG), da in beiden Fällen kein Rechtsmittel gegen die Zulassungsentscheidung stattfindet.
Erfasst sind ferner die Verfahren wegen der Zulassung der Sprungrevision (§ 566 ZPO) und Sprungrechtsbeschwerde (§ 75 FamFG), weil herüber bereits der BGH als Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht entscheidet (s. unten unter II. 2. d)).
2. Anwaltsvergütung
a) Zuordnung zum Berufungsverfahren
§ 16 Nr. 11 RVG bestimmt, dass Zulassungs- und Rechtsmittelverfahren dieselbe Angelegenheit bilden. Folglich liegt zwar gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren eine besondere Angelegenheit vor, jedoch nicht im Verhältnis zum Berufungsverfahren. Wird die Berufung zugelassen, fallen folglich für Berufungs- und Zulassungsverfahren keine gesonderten Vergütungen an.
Das Berufungsverfahren beginnt deshalb gebührenrechtlich bereits mit Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung. Das ist auch im Hinblick auf das Übergangsrecht (vgl. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG) von Bedeutung, sodass es auch hier nur darauf ankommt, wann der unbedingte Auftrag für das Zulassungsverfahren erteilt wurde.
b) Gebühren
Nach Vorbem. 3.2 Abs. 1 VV finden die für das Berufungsverfahren anfallenden Gebühren auch in den Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht über die Zulassung des Rechtsmittels Anwendung.
Für das Verfahren vor dem OVG wegen der Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 VwGO, § 78 Abs. 4 AsylG fällt deshalb eine 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV) an. Bei dieser Gebühr verbleibt es auch dann, wenn die Zulassung abgelehnt wird. Weiter kann eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3202 VV) anfallen, deren Entstehungsvoraussetzungen sich aus der Vorbem. 3 Abs. 3 VV ergeben.
Beispiel 1
Bei dem Verwaltungsgericht wird die Zulassung der Berufung beantragt. Das OVG lässt die Berufung nicht zu. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden. Der Wert beträgt 20.000,00 EUR.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.315,20 EUR |
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(Wert: 20.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
253,69 EUR |
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Gesamt |
1.588,89 EUR |
Bereits mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ist die 1,6-Verfahrensgebühr entstanden. Die Ablehnung der Zulassung führt keine Gebührenreduzierung herbei.
Beispiel 2
Bei dem Verwaltungsgericht wird die Zulassung der Berufung beantragt. Das OVG lässt die Berufung ohne mündliche Verhandlung zu. Es schließt sich das Berufungsverfahren an. Hier ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Urteil. Der Wert beträgt 30.000,00 EUR.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.528,00 EUR |
|
(Wert: 30.000,00 EUR) |
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
1.146,00 EUR |
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(Wert: 30.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
511,86 EUR |
|
Gesamt |
3.205,86 EUR |
Zulassungs- und Berufungsverfahren bilden eine einheitliche Angelegenheit (§ 16 Nr. 11 RVG). Die Gebühren und Auslagen fallen nur einmal an.
c) Gegenstandswert
Der Gegenstandswert für das Zulassungsverfahren bestimmt sich gem. § 47 Abs. 3 GKG i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG nach dem für die Berufung maßgeblichen Wert, der sich nach den Anträgen des Berufungsklägers bestimmt (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG).
d) Sprungrevision und Sprungrechtsbeschwerde
Die Verfahren wegen der Zulassung der Sprungrevision (§ 566 ZPO) und der Sprungrechtsbeschwerde (§ 75 FamFG), über die der BGH als Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegericht entscheidet, werden von § 16 Nr. 11 RVG erfasst. Die anwaltliche Tätigkeit ist folglich dem Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdeverfahren zuzuordnen.
Für die Gebühren gilt Vorbem. 3.2 Abs. 1 VV, sodass die für die Revision bzw. Rechtsbeschwerde entstehenden Gebühren zur Anwendung kommen. Die 2,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3208 VV wird bereits mit Stellung des Zulassungsantrags verdient. Hingegen entsteht nur eine 1,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3209 VV, wenn der gegnerische Anwalt sich nur bestellt oder eine Einwilligungserklärung nach § 566 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO abgibt. Die Einwilligungserklärung des Gegners ist nach § 19 Abs. 1 S. 1 RVG dem jeweiligen Rechtszug zuzuordnen und somit noch dem unteren Rechtszug, wenn der dort bestellte Anwalt die Erklärung abgibt. Wird sie bereits vom für das Rechtsmittelver...