§ 14 RVG
Leitsatz
Das Vorliegen der Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung und der Beiordnung als Pflichtverteidiger begründen im Erstattungsfall nicht die Festsetzung der Gebühren mindestens i.H.d. Mittelgebühr.
LG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2023 – 25 Qs 273 Js 5753/22 (49/23)
I. Sachverhalt
Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten, der vom AG vom Vorwurf des Betruges freigesprochen worden ist. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten wurden der Landeskasse auferlegt.
Der Rechtsanwalt hat dann unter Beifügung einer Abtretungserklärung beantragt, seine Gebühren und Auslagen abzüglich bereits erhaltener Pflichtverteidigergebühren gegen die Landeskasse festzusetzen. Dabei ist er von den Mittelgebühren ausgegangen.
Die Vertreterin der Staatskasse hat Einwände gegen die Höhe der Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV und der geltend gemachten Terminsgebühren erhoben. Der Rechtspfleger ist diesen Einwänden gefolgt und hat diese Gebühren unterhalb der jeweiligen Mittelgebühren festgesetzt. Dagegen hat der Pflichtverteidiger sofortige Beschwerde eingelegt, die er damit begründet hat, dass allein der Umstand, dass er als notwendiger Verteidiger beigeordnet worden sei, eine Festsetzung einer Vergütung mindestens i.H.d. Pflichtverteidigergebühren rechtfertige. Die von der Bezirksrevisorin nicht konkret begründeten darunterliegenden Beträge seien willkürlich bestimmt worden. Das Verfahren sei insgesamt als durchschnittlich anzusehen, sodass die Mittelgebühr berechtigt und begründet sei. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
II. Mittelgebühr nicht Untergrenze
Nach Auffassung des LG geht der Einwand des Verteidigers, dass das Vorliegen eines Falles der notwendigen Verteidigung und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger die Festsetzung einer Mittelgebühr begründe, fehl. Aus der gesetzgeberischen Regelung, die unterschiedliche Festsetzungsgrundlagen hinsichtlich der Pflichtverteidigergebühren und der Wahlverteidigergebühren vorsehe, lasse sich nicht entnehmen, dass jegliche Beiordnung eines Pflichtverteidigers pauschal und ohne Prüfung im Einzelfall die Festsetzung einer Mittelgebühr bei allen Gebührentatbeständen für den Wahlverteidiger begründe. Die entsprechende Anlage zum RVG sehe zum einen die Rahmengebühren für Wahlverteidigergebühren unabhängig neben dem jeweiligen Festbetrag für Pflichtverteidigergebühren vor. Eine gesetzgeberische Intention, dass die Pflichtverteidigergebühr, die 80 % der Mittelgebühr für Wahlverteidiger betrage, einen generellen Maßstab für die Festsetzung von Wahlverteidigergebühren darstelle, lasse sich den Regelungen des RVG daher gerade nicht entnehmen.
Darüber hinaus seien die gesetzlichen Kriterien, die zur Beiordnung von Pflichtverteidigern führen, nicht pauschal gleichzusetzen mit den in § 14 RVG zu berücksichtigen Kriterien im Rahmen der Festsetzung von Wahlverteidigergebühren. Neben der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien u.a. der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten sowie seine finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen. Zwischen diesen Kriterien und den Beiordnungsgründen gem. § 140 Abs. 1 und Abs. 2 StPO bestehe jedoch weitestgehend keine Identität. So besage etwa der Beiordnungsgrund der Inhaftierung (§ 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO) des Mandanten nichts zum Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit und auch der Beiordnungsgrund der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage könne lediglich neben anderen Kriterien ggf. im Einzelfall indizielle Bedeutung bei der Gebührenbemessung haben. Die finanziellen Verhältnisse des Mandanten hingegen seien für die Prüfung der Beiordnungsgründe gem. § 140 StPO nicht relevant, sie seien aber gem. § 14 RVG bei der Bemessung innerhalb der Rahmengebühr zu berücksichtigen.
§ 52 Abs. 2 RVG, der eine Regelung hinsichtlich der Geltendmachung von Wahlverteidigergebühren neben Pflichtverteidigergebühren enthalte, zeige ebenfalls, dass der Gesetzgeber in der Beiordnung eines Pflichtverteidigers keinen Grund sehe, hinsichtlich aller Rahmengebühren für den Wahlverteidiger generell ohne Prüfung des Einzelfalls von der Angemessenheit der Mittelgebühr auszugehen. Prinzipiell sei danach die zusätzliche Geltendmachung von Wahlverteidigergebühren auf den Umfang des Anspruches des Beschuldigten/Betroffenen gegen die Staatskasse beschränkt. Eine Regelung, dass bei Bestellung eines Pflichtverteidigers, der freigesprochene Angeklagte/Betroffene mindestens einen Erstattungsanspruch i.H.d. Mittelgebühr gegen die Staatskasse habe, enthalte diese Vorschrift gerade nicht.
Darüber hinaus hat das LG Magdeburg festgestellt, dass der Rechtsanwalt jedenfalls nicht schlechter gestellt worden sei als ein Pflichtverteidiger, da ihm die vollständigen Pflichtverteidigergebühren erhalten geblieben seien und lediglich eine darüber hinaus gehende Festsetzung abgelehnt worden sei. Insofern gehe der Hinweis darauf, dass mindestens die Pflichtverteidigergebühren festzusetzen seien, ins Leere.
III. Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung ist zutreffend. Die Bestellung als Pflichtverteidig...