Die Frage, ob der Verteidiger im Falle des Todes des Angeklagten weiterhin zur Einlegung von Rechtsmitteln befugt sei, werde in der obergerichtlichen Rspr. inzwischen überwiegend bejaht (vgl. KG NStZ-RR 2008, 295; OLG Brandenburg, Beschl. v. 3.5.2011 – 2 Ws 1/11; OLG Celle NJW 2002, 3720; OLG Frankfurt NStZ-RR 2002, 246; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2003, 286; OLG Nürnberg, Beschl. v. 30.3.2010 – 1 Ws 113/10; Meyer-Goßner/Schmidt, StPO, 66. Aufl., 2023, Vor § 137 Rn 7). Zur Begründung werde vor allem angeführt, dass zwischen dem Verteidiger und dem Mandanten ein Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB bestehe. Auf diesen finde § 672 BGB, wonach der Auftrag im Zweifel nicht durch den Tod des Auftraggebers endet, entsprechende Anwendung. Dasselbe gilt – wie hier – im Fall der Pflichtverteidigung (vgl. KG StraFo 2008, 90; OLG Karlsruhe NStZ-RR 2003, 296; a.A. OLG Hamburg NStZ-RR 2008, 160). Die Pflichtverteidigerbestellung ende im Erkenntnisverfahren grds. mit dessen rechtskräftigem Abschluss (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 143 Rn 1; KK-Willnow, StPO 9. Aufl., 2023, § 143 Rn 1, jeweils m.w.N.). Durch den Tod des Angeklagten werde das Verfahren nicht ohne Weiteres beendet. Es bedürfe dazu vielmehr einer förmlichen Einstellung nach § 206a StPO oder – in der Hauptverhandlung – nach § 260 Abs. 3 StPO (vgl. BGHSt 45, 108). Mit dieser Entscheidung sei zugleich gem. § 464 StPO auch darüber zu befinden, wer die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des (verstorbenen) Angeklagten zu tragen habe. Insoweit bleibe das Verfahren auch nach dem Tod des Angeklagten anhängig (vgl. BGH, a.a.O.). Ebenso wie die Einstellung selbst unterlägen auch die Nebenentscheidungen der Anfechtung (§§ 206 Abs. 2, 464 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 StPO). Erst mit ihrer Rechtskraft sei das Verfahren endgültig abgeschlossen. Der Pflichtverteidiger müsse daher – wie die Staatsanwaltschaft – befugt sein, auch nach dem Tod des Angeklagten auf eine gesetzmäßige Kosten- und Auslagenentscheidungen hinzuwirken und diese erforderlichenfalls durch das Beschwerdegericht überprüfen zu lassen (vgl. KG Berlin, Beschl. v. 14.11.2007 – 1 AR 447/05 – 1 Ws 235/07; OLG Karlsruhe, a.a.O.).

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