§ 66 Abs. 1 GKG; Nr. 1820 GKG KV
Leitsatz
- Mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung gem. § 66 Abs. 1 GKG kann sich der Erinnerungsführer nur gegen den Kostenansatz selbst, also gegen die Verletzung des Kostenrechts und nicht gegen die Kostenbelastung der Partei als solche wenden.
- Mit dem Einwand, das gesamte Verfahren sei nichtig und rechtswidrig, kann der Erinnerungsführer im Verfahren nach § 66 Abs. 1 GKG nicht gehört werden.
BGH, Beschl. v. 10.5.2023 – VIII ZB 72/22
I. Sachverhalt
Der VIII. ZS des BGH hatte durch Beschl. v. 10.1.2023 die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des LG Ulm auf seine Kosten als unzulässig verworfen und den "Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde" auf 200,00 EUR festgesetzt. Hieraufhin hat der Kostenbeamte des BGH gegen den Beschwerdeführer eine 2,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 1820 GKG KV aus einem Streitwert von 200,00 EUR i.H.v. 76,00 EUR angesetzt und zum Soll gestellt. Hiergegen hat der Beschwerdeführer schriftsätzlich Einwendungen erhoben und geltend gemacht, das gesamte Verfahren sei nichtig und rechtswidrig.
II. Zulässigkeit der Erinnerung und Zuständigkeit
Der Einzelrichter des BGH hat sich auf die st. Rspr. des BGH berufen, wonach auch beim BGH über die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gem. § 66 Abs. 1 GKG grds. der Einzelrichter zu entscheiden hat (BGH AGS 2021, 125 [Hansens] = zfs 2021, 525 m. Anm. Hansens; BGH AGS 2015, 403; BGH NJW-RR 2015, 209).
Der Einzelrichter des BGH hat das Schreiben des Beschwerdeführers als Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG ausgelegt.
III. Begründetheit der Erinnerung
1. Zu berücksichtigende Einwendungen
Der Einzelrichter des VIII. ZS des BGH hat darauf hingewiesen, dass sich der Erinnerungsführer (hier also der Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens) mit dem Rechtsbehelf der Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG nur gegen den Gerichtskostenansatz selbst, also gegen die Verletzung des Kostenrechts und nicht gegen die Kostenbelastung der Partei als solche wenden kann. Derartige Einwendungen habe der Erinnerungsführer jedoch nicht erhoben. Mit seinem Einwand, das gesamte Verfahren sei nichtig und rechtswidrig, könne er im Erinnerungsverfahren nach § 66 Abs. 1 GKG kein Gehör finden.
2. Gerichtskostenansatz
Der Einzelrichter des VIII. ZS des BGH hat ferner ausgeführt, dass der Gerichtskostenansatz zutreffend sei. Für die Verwerfung der Rechtsbeschwerde sei nach einem Streitwert von 200,00 EUR nach Nr. 1820 GKG KV die 2,0-Verfahrensgebühr angefallen, die 76,00 EUR beträgt. Hiergegen habe der Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben.
IV. Bedeutung für die Praxis
Eine kurze Entscheidung des Einzelrichters des VIII. ZS des BGH, die einiger Anmerkungen bedarf.
1. Terminologie
Nicht nur einige Rechtsanwälte, sondern auch BGH-Richter haben Probleme, im Kostenrecht die richtigen Begriffe zu finden. Dies betrifft hier die Begriffe "Streitwert" und "Gegenstandswert", die häufig und auch hier munter durcheinandergewürfelt werden. Die richtige Bezeichnung ist aber in der Praxis deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Verfahren auf Festsetzung des Streitwertes einerseits und auf Festsetzung des Gegenstandswertes andererseits völlig unterschiedlich ausgestaltete Rechtsgrundlagen haben und sich auch bei den Rechtsmitteln unterscheiden.
a) Streitwert
Sofern das Prozessgericht den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert nicht mit Einreichung der Rechtsmittelschrift durch Beschluss vorläufig festgesetzt hat (§ 63 Abs. 1 S. 1 GKG), setzt es gem. § 63 Abs. 2 S. 1 GKG den Streitwert für die zu erhebenden gerichtlichen Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht. Da hier der VIII. ZS des BGH durch Beschl. v. 10.1.2023 die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hat und zuvor eine vorläufige Streitwertfestsetzung nicht erfolgt war, hatte er gleichzeitig mit diesem bzw. in diesem Verwerfungsbeschluss den Streitwert festzusetzen.
b) Gegenstandswert
Für die Festsetzung des als solchen bezeichneten Gegenstandswertes in der Entscheidung des VIII. ZS des BGH gab es hingegen keinen Anlass. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass in dem vorangegangenen Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH überhaupt ein Anwalt tätig war, dessen Gebühren sich nach dem Gegenstandswert berechnen würden. Der Beschwerdeführer hatte seine Rechtsbeschwerde wohl selbst eingelegt. Wenn in dem Rechtsbeschwerdeverfahren überhaupt ein beim BGH zugelassener Rechtsanwalt tätig gewesen sein sollte, würde die Festsetzung des Gegenstandswertes einen Antrag eines Antragsberechtigten erfordern (§ 33 Abs. 1 GKG). Ein solcher Antrag lag hier offensichtlich nicht vor. Er wäre gem. § 33 Abs. 2 S. 1 GKG i.Ü. erst zulässig, wenn die anwaltliche Vergütung fällig gewesen wäre. Gem. § 8 Abs. 1 S. 2 RVG ist die Vergütung des Rechtsanwalts in einem gerichtlichen Verfahren erst dann fällig, wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder Rechtszug beendet ist. Als der BGH seine Entscheidung vom 10.1.2023 erlassen hat, lagen diese Voraussetzungen noch nicht vor. Denn der offensichtlich nicht in mündlicher Verhandlung verkündete Beschluss...