Der BGH verneint das Vorliegen der Voraussetzungen für einen konsensualen Pflichtverteidigerwechsel. Die einvernehmliche Entpflichtung eines bestellten Pflichtverteidigers und die Bestellung eines anderen Verteidigers sei durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vom 10.12.2019 (BGBl I, 2128) nicht normiert worden. Nach dem zugrundeliegenden Gesetzentwurf sollte indes unbeschadet der gesetzlichen Neuregelung der zuvor in der Rspr. der OLG anerkannte "konsensuale und zeit- und kostenaufwandsneutrale Verteidigerwechsel weiterhin möglich bleiben". Danach soll "auf Antrag des Beschuldigten die Bestellung des bisherigen Verteidigers zu widerrufen und der neue Verteidiger beizuordnen" sein, "wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: Einverständnis des bisherigen Verteidigers und des neuen Verteidigers, keine Verfahrensverzögerung sowie keine Mehrbelastung für die Staatskasse" (BT-Drucks 19/13829 47, s. auch 49). Dementsprechend werde ein konsensualer Verteidigerwechsel in Rspr. und Schrifttum für zulässig erachtet. Wie bereits der Begriff des konsensualen Wechsels zeige, erfordere ein solcher ein Einvernehmen zwischen dem bisherigen und dem künftigen Pflichtverteidiger sowie dem Beschuldigten.
Entgegen der Ansicht des Angeschuldigten könne auf das Einverständnis des bislang bestellten Pflichtverteidigers nicht mit der Begründung verzichtet werden, dieser sei durch seine Entpflichtung nicht beschwert und habe dagegen kein eigenes Beschwerderecht (vgl. dazu BGH, Beschl. 18.8.2020 – StB 25/20, BGHSt 65, 106). Der Gesetzeswortlaut biete mangels Regelung keinen Anhaltspunkt dafür, auf das Einverständnis des bisherigen Verteidigers verzichten zu können. Die Intention des Gesetzgebers, der nach den Gesetzesmaterialien ausdrücklich das Einverständnis für notwendig erachtet habe, spreche ersichtlich dagegen. In systematischer Hinsicht ermögliche § 143a Abs. 2 und Abs. 3 StPO den Wechsel des Pflichtverteidigers lediglich in bestimmten Konstellationen. Diese gesetzlichen Vorgaben drohen ausgehöhlt zu werden, wenn bereits der Wunsch des Beschuldigten, das Einverständnis des neuen Verteidigers und dessen Verzicht auf eigene Gebühren in Höhe schon angefallener Kosten einen Wechsel zur Folge haben können. Dies gelte insbesondere für die Voraussetzungen gem. § 143a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StPO, wonach für einen Wechsel das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Beschuldigtem endgültig zerstört sein müsse.
Da der konsensuale Verteidigerwechsel nicht gesetzlich geregelt sei, sei den normierten Tatbeständen Vorrang zu geben. Wenn gleichwohl in Fortführung früherer Rspr. über das Gesetz hinaus ein Wechsel möglich sein solle, spreche wenig dafür, diesen nicht normierten Ausnahmefall noch auszuweiten. I.Ü. brauche das – sowohl nach der Rspr. als auch nach der Gesetzesbegründung – für notwendig erachtete Einverständnis des bisherigen Pflichtverteidigers nicht ausschließlich in dessen eigenem Interesse zu bestehen (vgl. in Bezug auf eine missbräuchliche Verdrängung KG NStZ 1993, 2021, 202), sondern könne zugleich Nachweis dafür sein, dass mit dem nach § 143a StPO nicht erforderlichen Verteidigerwechsel kein besonderer zusätzlicher Aufwand und keine weiteren Komplikationen verbunden sind.
Vor diesem Hintergrund fehlte dem BGH das für einen konsensualen Verteidigerwechsel erforderliche Einverständnis von Rechtsanwalt H. Dieser hatte sich ausdrücklich den Ausführungen des GBA angeschlossen, mit denen die Zurückweisung des Antrags auf Verteidigerwechsel beantragt worden ist.