Die Aktenversendungspauschale Nr. 9300 GKG KV sei nicht in Ansatz zu bringen. Die Erstattung sei abzulehnen, da der von dem Verteidiger für die Aktenversendung verauslagte Betrag von 12,00 EUR als Pauschale gem. Nr. 9003 GKG KV keine Aufwendung i.S.v. §§ 675, 670 BGB sei.
1. Aufwendungen i.S.d. BGB
Der Anwalt schulde seinem Mandanten die Besorgung des ihm erteilten Auftrags. Seine Tätigkeit werde nach den Bestimmungen des RVG vergütet (§ 1 RVG). Vorbem. 7 Abs. 1 VV bestimme, dass mit den Gebühren auch die allgemeinen Geschäftskosten entgolten werden. Soweit in Teil 7 des VV nichts anderes bestimmt sei, könne der Rechtsanwalt Ersatz der entstandenen Aufwendungen (§ 675 i.V.m. 670 BGB) verlangen. Aufwendungen i.S.d. BGB-Vorschrift seien nur Geldbeträge, die der Verteidiger zum Zwecke der Ausführung für erforderlich halten durfte. Wenn er seinem Mandanten für seine Akteneinsicht vor Ort keine Kosten in Rechnung stellen dürfe, seien keine Aufwendungen entstanden. Wenn er seinem Mandanten jedoch dafür Kosten in Rechnung stellen dürfe, stelle die verauslagte Aktenversendungspauschale eine Aufwendung dar.
Jedem Strafverteidiger wird nach Ansicht des AG abverlangt, die unbestritten erforderliche Akteneinsicht auf die für den Mandanten kostengünstigste Art und Weise vorzunehmen. Mandatiere ein auswärtiger Angeklagter einen auswärtigen Verteidiger, sei eine Aktenübersendung die für den Mandanten kostengünstigste Maßnahme zur Durchführung der Einsichtnahme. Den 12,00 EUR für die Übersendung stünden nämlich hier Reisekosten des Anwalts nach Nr. 7005 VV i.H.v. mindestens 30,00 EUR gegenüber. In solchen Fällen widerspreche die Landeskasse einer Erstattung der Aktenversendungspauschale nicht, müsste jedoch der Erstattung der Kosten einer Geschäftsreise zur Wahrnehmung einer Akteneinsicht widersprechen.
Einem Kölner Verteidiger, der die Akten bei einem Kölner Gericht einsehe oder abhole, entstehen wegen Vorbem. 7 Abs. 2 VV weder Auslagen nach Nrn. 7003 bis 7006 VV noch Aufwendungen nach § 675 i.V.m. § 670 BGB. Anstatt Akteneinsicht vor Ort zu nehmen (§§ 147 Abs. 1, 32f Abs. 2 StPO), beantragte der Verteidiger, die Akten zur Einsichtnahme an seine Kanzlei zu übersenden (§ 32f Abs. 2 S. 3 StPO). Dies erfolge regelmäßig aus arbeitsorganisatorischen Gründen, die aber in die Interessensphäre des Verteidigers fallen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 19.1.2024 – 10 E 780/23, AGS 2024, 126). Schon das BVerfG (NJW 1996, 2222) habe konstatiert, dass die Aktenversendung der Arbeitserleichterung des Strafverteidigers dient; die Leistung des Gerichts sei aber zur Wahrnehmung der vom Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes geforderten Verteidigungsrechte des Beschuldigten – jedenfalls in der Regel – nicht erforderlich. Weil die Übersendung nicht zur Ausführung des erteilten Mandats erforderlich gewesen sei, sei die verauslagte Aktenversendungspauschale keine Aufwendung, die der Anwalt seinem Mandanten in Rechnung stellen könnte.
2. Andere Entscheidungen
Auch das AG Tiergarten halte in seiner Entscheidung v. 12.7.2023 (327 Ds 10/19, AGS 2023, 407) fest, dass die Übersendung "aus der vorgenannten Alternativmöglichkeit allerdings schon sprachnotwendig" nicht notwendig sei. Eine Ungleichbehandlung der Kölner Anwälte im Vergleich zu auswärtigen Anwälten wie sie das AG Köln in dem Beschl. v. 8.6.2018 (707 Ds 101/15, VRR 7/2018, 22 = RVGreport 2018, 347 = StRR Sonderausgabe 12/2018, 27) feststelle, sei darin nicht zu sehen. Denn dass die von dem Anwalt für die Abholung aufgewendete Zeit nicht nach ihrer Dauer von dem Mandanten zu vergüten sei, liege in der für Anwälte maßgeblichen Vergütungsordnung, dem RVG, begründet. Dieses Gesetz sehe keine minutengenaue Honorierung vor, sodass der konkret erbrachte Zeitaufwand für die Frage, ob es sich um eine Aufwendung handelt, unerheblich sei. Die Ermittlung eines konkreten Zeitaufwands dürfte auch schwierig sein und vermutlich werden Akten zumeist gar nicht von dem Verteidiger selbst, sondern von seinen Kanzleimitarbeitern abgeholt und zurückgebracht.
Die Entscheidung des AG Köln v. 20.12.2013 (535 Ds 44/13, AGS 2014, 103) behandele den Fall, dass der auswärtige Verteidiger eines in Köln wohnenden Angeklagten die Übersendung der Akten zur Wahrnehmung seines Akteneinsichtsrechts beantragt und dafür die Aktenversendungspauschale (Nr. 9003 GKG KV) entrichtet hat. Im Rahmen der Festsetzung der von der Landeskasse zu tragenden notwendigen Auslagen (§ 464b StPO) spreche sich das Gericht für eine Zugehörigkeit zu den notwendigen Auslagen aus. Es begründe dies damit, dass “ein auswärtiger Verteidiger das Recht auf Akteneinsicht vernünftigerweise und sachdienlich nur durch Übersendung der Akte ausüben kann; (...) Ein Angeklagter ist grds. auch berechtigt, einen Verteidiger seiner Wahl und seines Vertrauens mit seiner Verteidigung zu beauftragen; er kann daher auch nicht grds. verpflichtet werden, nur einen Verteidiger am Ort des Gerichts zu beauftragen." Diese Begründung lasse indes die obergerichtliche kostenrechtliche Rspr....