§§ 21 Abs. 1, 66 Abs. 1 GKG; § 62 Abs. 6 S. 1 FGO
Leitsatz
- Mit der Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, d.h. gegen den Ansatz und die Höhe einzelner Kosten oder gegen den Streitwert richten.
- Hat das Gericht dem als Kostenschuldner in Anspruch genommenen Beteiligten die Kosten des Verfahrens auferlegt, kann dieser sich mit seiner Erinnerung nicht dagegen wenden, er sei zu Unrecht als Kostenschuldner in Anspruch genommen worden.
- Der Umstand, dass der als Bevollmächtigte für den Kostenschuldner aufgetretene Rechtsanwalt dem Gericht entgegen § 62 Abs. 6 S. 1 FGO keine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat, stellt keine unrichtige Sachbehandlung i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG dar.
BFH, Beschl. v. 18.1.2024 – IX E 1/24
I. Sachverhalt
Das FG Münster hatte das von dem Kläger und Frau F geführte Verfahren wegen Einkommensteuer für das Jahr 2016 durch das die Klage abweisende Urt. v. 24.5.2023 abgeschlossen. Mit Schriftsatz vom 5.7.2023 legte Rechtsanwalt R im Namen des Klägers und der Frau F gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein. Am 7.7.2023 ging ein weiteres gleichlautendes, vom Kläger eigenhändig unterschriebenes Schreiben beim BFH ein.
Mit Schriftsatz vom 8.9.2023 teilte Rechtsanwalt R dem BFH mit, den Kläger und Frau F nicht mehr zu vertreten. Der BFH übersandte dem Kläger einen Abdruck dieses Schriftsatzes und ein gerichtliches Hinweisschreiben vom 13.9.2023 zur Kenntnis. Hierauf erfolgte keine Reaktion seitens des Klägers. Nachdem eine Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht eingegangen war, hat der BFH die Beschwerde durch Beschl. v. 7.12.2023 als unzulässig verworfen und dem Kläger und Frau F die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Hieraufhin setzte die Kostenstelle des BFH gegen den Kläger mit Kostenrechnung vom 8.12.2023 die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens an. Hiergegen hat sich der Kläger mit dem Hinweis auf die fehlende Prozessvollmacht des Rechtsanwalts R gewandt.
Der BFH hat durch den Einzelrichter die Erinnerung zurückgewiesen.
II. Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz
1. Zulässigkeit
Nach den Ausführungen des – Einzelrichters – des BFH war die von dem Kläger persönlich eingelegte Erinnerung zulässig. Gem. § 66 Abs. 5 S. 1 GKG können nämlich Anträge und Erklärungen im Erinnerungsverfahren ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht werden. Dies hat auch zur Folge, dass vor dem BFH kein Vertretungszwang besteht (BFH BFH/NV 2016, 414).
2. Begründetheit der Erinnerung
a) Zulässige Einwendungen
Nach den weiteren Ausführungen des BFH können mit der Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst wenden. Folglich müssten die Einwendungen sich gegen den Ansatz der Gerichtskosten, die Höhe einzelner Kostenpositionen oder gegen den Streitwert richten (BFH, a.a.O.; BFH BFH/NV 2021, 197).
Der angegriffene Gerichtskostenansatz weist nach Auffassung des BFH keine solchen den Kläger belastenden Fehler auf. Vielmehr habe die Kostenstelle des BFH gegen den Kläger zu Recht die in Nr. 6500 GKG KV bestimmte Gebühr für das Beschwerdeverfahren angesetzt.
b) Kostenschuldner
Mit seinem Vortrag hinsichtlich der fehlenden Bevollmächtigung des Rechtsanwalts R hat sich der Kläger nach den weiteren Ausführungen des BGH gegen seine Stellung als Kostenschuldner gewandt. Hierüber könne jedoch im Erinnerungsverfahren nicht entschieden werden. Über die Stellung des Klägers als Kostenschuldner sei vielmehr in der Kostengrundentscheidung des Beschl. des Senats v. 7.12.2023 entschieden worden. Mit der Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz könne diese Entscheidung nicht mehr angegriffen werden (BFH, je a.a.O.).
3. Keine unrichtige Sachbehandlung
Gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Nach st. Rspr. des BFH setzt eine solche unrichtige Sachbehandlung ein erkennbares Versehen oder schwere, offensichtliche Verstöße des Gerichts gegen eindeutige Vorschriften bei seiner Entscheidung voraus (s. etwa BFH BFH/NV 2021, 197).
Nach Auffassung des BFH fehlt es hier an einer solchen unrichtigen Sachbehandlung im vorangegangenen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Zwar habe der Rechtsanwalt R als Bevollmächtigter entgegen § 62 Abs. 6 S. 1 FGO keine schriftliche Vollmacht vorgelegt. Dies sei jedoch kostenrechtlich unschädlich. Der BFH hat darauf hingewiesen, dass das Gericht die Bevollmächtigung nicht von Amts wegen hätte prüfen müssen, da als bevollmächtigte Person ein Rechtsanwalt aufgetreten sei (§ 62 Abs. 6 S. 4 i.V.m. Abs. 2 S. 1 FGO). Es seien auch keine konkreten Anhaltspunkte für begründete Zweifel an der Bevollmächtigung des Rechtsanwalts erkennbar gewesen. Ferner hat der Einzelrichter des BFH darauf verwiesen, dass auch der Kläger einen Mangel der Vollmacht im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht geltend gemacht hat. Er habe sich auch nicht auf eine fehlende Kenntnis der Anwaltstätigkeit des Rechtsanwalts R für ihn und die Frau F ...