§§ 114 Abs. 1, 121, 127 Abs. 2 ZPO
Leitsatz
Prozesskostenhilfe kann im Anwaltsprozess regelmäßig nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, der Antragsteller habe einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht benannt und seine Bemühungen, einen solchen zu finden, nicht ausreichend dargelegt (§ 121 Abs. 5 ZPO). Vielmehr ist ein zweistufiges Verfahren geboten, d.h., es ist dem Antragsteller nach erfolgter Bewilligung von Prozesskostenhilfe Gelegenheit zu geben, einen zur Vertretung bereiten Anwalt zu finden.
OLG Köln, Beschl. v. 20.8.2024 – 5 W 44/24
I. Sachverhalt
Der Antragsteller hatte beim LG Köln Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren beantragt, mit dem er eine Verurteilung der Antragsgegner als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 25.000,00 EUR, zur Erstattung von Operationskosten i.H.v. rund 1.300,00 EUR sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Antragsgegner hinsichtlich vergangener und zukünftiger materieller und immaterieller Schäden begehrt hat. Einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt hatte der Antragsteller nicht benannt. Vielmehr hat er geltend gemacht, er habe bei mehreren auf Arzthaftungsrecht spezialisierten Anwaltskanzleien angerufen. Jedoch habe sich kein Rechtsanwalt bereit erklärt, gebührenfrei ein Beratungsgespräch mit ihm zu führen.
Das LG Köln hat den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete mangels anwaltlicher Vertretung des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Voraussetzungen, unter denen dem Antragsteller ein Anwalt beigeordnet werden könne, seien nicht erfüllt. Er habe nämlich auf zweimalige Aufforderung der Kammer, seine Bemühungen darzulegen, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, nicht reagiert. Ferner hat das LG Köln in seinem Beschl. v. 12.4.2024 dem Antragsteller folgenden Hinweis gegeben:
Zitat
"Die Kammer würde den Ablehnungsbeschluss nochmals überdenken und auf Antrag einen Anwalt bzw. eine Anwältin beiordnen, sollte der Kläger nunmehr seine erfolglosen Bemühungen darlegen".
Mit seinem beim LG am 19.4.2024 eingegangenen Schreiben vom 11.4.2024 hatte der Antragsteller näher dargelegt, dass er keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden habe.
Das LG Köln hat jedoch keine erneute Entscheidung getroffen. Deshalb hat der Antragsteller mit Schreiben vom 13.7.2024 geltend gemacht, aufgrund der ihm im Beschluss des LG Köln vom 12.4.2024 in Aussicht gestellten erneuten Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen im Falle der Darlegung seiner Bemühungen, einen vertretungsbereiten Anwalt zu finden, der er mit Schreiben vom 11.4.2024 nachgekommen sei, habe er sich nicht zur Einlegung einer Beschwerde veranlasst gesehen. Er bitte deshalb, über den PKH-Antrag erneut zu entscheiden.
II. Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde
Das OLG Köln hat die Eingabe des Antragstellers vom 13.7.2024 als sofortige Beschwerde ausgelegt. Diese war zwar nicht innerhalb der Monatsfrist des § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO bei Gericht eingegangen. Das OLG hat jedoch dem Antragsteller von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Beschwerdefrist gewährt. Den Wiedereinsetzungsantrag habe er konkludent in seinem Schreiben vom 13.7.2024 gestellt. Der Antragsteller sei ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Beschwerdefrist gehindert gewesen, weil er aufgrund des gerichtlichen Hinweises im Beschl. des LG Köln v. 12.4.2024 davon habe ausgehen können, dass er mit seinem am 19.4.2024 beim LG eingegangenen Schreiben seiner Darlegungsobliegenheit in hinreichender Art und Weise nachgekommen sei und das LG deshalb erneut über seinen PKH-Antrag entscheiden werde.
III. Begründetheit der Beschwerde
Nach Auffassung des OLG Köln hatte die sofortige Beschwerde des Antragstellers in der Sache vorläufig Erfolg.
1. Gesetzliche Regelung
Gem. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil aufbringen kann, auf Antrag PKH zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist – wie hier bei dem vom Antragsteller erstrebten Landgerichtsprozess – eine Vertretung durch Rechtsanwälte vorgeschrieben, wird der Partei gem. § 121 Abs. 1 ZPO ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. Wenn die Partei keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet, ordnet der Vorsitzende des Gerichts ihr auf Antrag gem. § 121 Abs. 5 ZPO einen Rechtsanwalt bei.
2. Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Mit der Begründung, der Antragsteller habe auf zweimalige Aufforderung der zuständigen Kammer des LG Köln, seine Bemühungen, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, nicht reagiert, kann nach Auffassung des OLG Köln das PKH-Gesuch des Antragstellers nicht zurückgewiesen werden.
Das OLG hat darauf hingewiesen, dass die Bewilligung von PKH nicht voraussetzt, dass der Antragsteller dem Gericht einen vertretungsbereiten Anwalt benennt oder dass er darlegt und glau...