Nach Ansicht des LG sind auch die Kosten i.H.v. 1.264,97 EUR für die Einholung eines privaten Sachverständigengutachtens nicht als notwendige Auslagen i.S.d. § 46 Abs. 1 OWiG, § 464a Abs. 2 StPO anzusehen. Kosten für die Einholung eines Privatgutachtens seien – ausnahmsweise – als notwendige Kosten anzuerkennen, wenn schwierige technische Fragestellungen zu beurteilen sind oder wenn aus Sicht des Betroffenen ex-ante ein privates Sachverständigengutachten erforderlich war, da ansonsten eine erhebliche Verschlechterung der Prozesslage zu befürchten wäre. Unabhängig von der subjektiven Bewertung der Prozesslage durch den Betroffenen sind nach den Ausführungen des LG Münster die Kosten eines durch ihn in dem Bußgeldverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens nach einem Freispruch von dem Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit aber jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn das eingeholte Privatgutachten zu dem Freispruch beigetragen hat (statt vieler LG Dessau-Roßlau, Beschl. v. 4.5.2023 – 6 Qs 394 Js 26340/21 (56/23), AGS 2023, 398 = DAR 2023, 656 m.w.N.; LG Bielefeld, Beschl. v. 19.12.2019 – 10 Qs 425/19, Rn 18, RVGreport 2020, 182).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind hier die Kosten für das Gutachten eines Privatsachverständigen nach Auffassung des LG Münster vorliegend nicht erstattungsfähig. Von Seiten des Betroffenen seien nämlich weder zum Zeitpunkt der Gutachtenbeauftragung noch später Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit der Messung vorgetragen worden, die ihn ex ante dazu veranlasst haben könnten, ein solches Gutachten einzuholen. Aus seinem schriftlichen Vorbringen lasse sich lediglich ersehen, dass der Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung bestritten hatte, ohne dass konkrete Gründe für die Zweifel an dem Messergebnis benannt worden wären. Auch sonst sei nicht erkennbar, warum sich der Betroffene veranlasst gesehen hat, das eingeholte Gutachten zu benötigen. Es sei aber einem Betroffenen nach der Rspr. der Kammer (vgl. Beschl. v. 5.6.2023 – 12 Qs 19/23) unter kostenrechtlichen Aspekten zuzumuten, im Falle der beabsichtigten Einholung und Einführung eines Privatgutachtens konkrete Zweifel am technischen Ablauf der Messung darzulegen, was dann ggf. auch zur Einholung eines Gutachtens von Amts wegen hätte führen können. Eine erhebliche Verschlechterung der Prozesslage, die die Einholung eines Privatgutachtens kostenrechtlich rechtfertigen könnte, komme in dieser Konstellation erst dann in Betracht, wenn die Ermittlungsbehörde bzw. das Gericht einem Beweisantrag nicht nachkommt und ein Zuwarten bis zur Hauptverhandlung nicht zumutbar ist. Im Bußgeldverfahren ist es insoweit dem Betroffenen stets zumutbar, auch ex-ante notwendig erscheinende Ermittlungen erst dann selbst zu veranlassen, wenn das in der Hauptsache zuständige Gericht diese abgelehnt hat (vgl. LG Essen, Beschl. v. 19.7.2021 – 27 Qs 35/21, AGS 2021, 412; LG Aachen, Beschl. v. 12.7.2018 – 66 Qs 31/18, RVGreport 2019, 71; auch LG Cottbus, Beschl. v. 22.6.2017 – 22 Qs 85/17; LG Oldenburg, Beschl. v. 28.3.2022 – 5 Qs 108/20, AGS 2022, 272). Anderenfalls würde schließlich ungeprüft und anlasslos im Fall einer späteren Einstellung oder freisprechenden Entscheidung, aus – wie hier geschehen – anderen Gründen eine Kostenlast entstehen, die nicht mehr mit einer nachvollziehbaren Befürchtung einer Verschlechterung der Prozesslage durch den Betroffenen einhergehe. Gerade bei einem standardisierten Messverfahren sei die Einholung eines Privatgutachtens in der bloßen, nicht näher begründeten Hoffnung, Einwendungen gegen die Messung finden und vorbringen zu können, erstattungsrechtlich unbeachtlich, wenn sich solche Einwendungen, wie es hier der Fall sei, nicht ergeben bzw. nicht vorgebracht werden.
Soweit der Verteidiger unter Hinweis auf verschiedene Entscheidungen die Auffassung vertreten habe, dass dann, wenn im Bußgeldverfahren ein standardisiertes Messverfahren zum Einsatz komme, die Anforderungen an die Darlegung einer Fehlmessung erhöht seien, infolgedessen die Amtsermittlungspflicht also eingeschränkt und der Betroffene ohne Einholung eines Privatgutachtens in seinen Verteidigungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt sei, und daher die Einholung eines Privatgutachtens (im Ergebnis: immer) ex ante notwendig sei (in diesem Sinne etwa auch LG Bielefeld, Beschl. v. 19.12.2019 – 10 Qs 425/19, RVGreport 2020, 182; LG Stade, Beschl. v. 21.7.2021 – 101 Qs 2510 Js 47343/18 (2/21); LG Wuppertal, Beschl. v. 6.11.2018 – 26 Qs 210/18, AGS 2019, 254), folgte die Kammer dem nicht (vgl. etwa auch LG Aachen, Beschl. v. 12.7.2018 – 66 Qs 31/18, RVGreport 2019, 71; Beschl. v. 30.9.2019 – 66 Qs 58/19; Krenberger, jurisPR-VerkR 23/2020 Anm. 5; BeckOK StPO/Niesler, 51. Ed., Stand: 1.4.2024, StPO § 464a Rn 24).
Die Einholung des Privatgutachtens habe sich i.Ü. auch nicht ex post als erforderlich herausgestellt (vgl. hierzu etwa auch LG Detmold, Beschl. v. 14.5.2019 – 23 Qs 45/19, 23 Qs -37 Js-OWi 1680/16 - 45/19). Entgegen der Stellungnahme des Verteidigers vom 14.3....