FamFG §§ 68, 69, 81, 84
Leitsatz
- Wird eine Beschwerde noch vor dem AG zurückgenommen, bevor dieses über die Abhilfe entschieden und das Rechtsmittel an das Beschwerdegericht weitergeleitet hat, obliegt die Kostenentscheidung dem AG.
- Die Kosten einer zurückgenommenen Beschwerde hat grundsätzlich der Beschwerdeführer zu tragen.
KG, Beschl. v. 31.5.2011 – 1 W 278/11
1 Sachverhalt
Das AG hatte auf Antrag der Beteiligten zu 1) einen diese als Alleinerbin ausweisenden Erbschein ausgestellt, nachdem es mit Beschl. v. selben Tag festgestellt hatte, die hierzu erforderlichen Tatsachen lägen vor. Zum Nachlass gehörte ein Grundstück, das die Erblasserin der Beteiligten zu 2) im Rahmen eines Erbvertrags als Vermächtnis zugewandt hatte.
Die Beteiligten zu 6) und 7), für die im Grundbuch eine persönlich beschränkte Dienstbarkeit eingetragen ist, legten gegen den Beschluss Beschwerde ein und beantragten, den Erbschein einzuziehen sowie Einsicht in die Nachlassakten gewährt zu bekommen. Zugleich legten sie ein notarielles Testament vor, in dem die Erblasserin ihnen das Grundstück vermacht hatte.
Das AG gewährte dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 6) und 7) Akteneinsicht und unterrichtete die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) und 2) hiervon sowie von der Beschwerde. Diese beantragten die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Die Beteiligten zu 6) und 7) haben nach Akteneinsicht die Beschwerde zurückgenommen. Mit Beschluss hat ihnen das AG die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 6) und 7).
2 Aus den Gründen
Das AG hat zu Recht über die Kosten des Beschwerdeverfahrens entschieden. Wird die Beschwerde vor dem AG zurückgenommen, bevor dieses über die Abhilfe entschieden und das Rechtsmittel an das Beschwerdegericht weitergeleitet hat, obliegt die Kostenentscheidung dem AG (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 567 Rn 56, § 572 Rn 32). Hier gilt nichts anderes, als wenn sich die Beschwerde durch vollständige Abhilfe des Erstgerichts erledigt. Auch in diesem Fall hat das AG die Kostenentscheidung zu treffen (Abramenko in Prütting/Helms, FamFG, § 68, Rn 10; Heßler, a.a.O., § 567, Rn 58)
Die Entscheidung des AG ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
Auch der Senat erachtet die Beteiligten zu 6) und 7) für verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) und 2) im zurückgenommenen Beschwerdeverfahren zu tragen.
Gem. § 84 FamFG soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Die Vorschrift knüpft inhaltlich an den bisherigen § 13a Abs. 1 S. 2 FGG an, wonach die Kostentragungspflicht des unterlegenen Rechtsmittelsführers zwingend war. Sie gestattet aber, in besonders gelagerten Fällen hiervon abzusehen (BT-Drucks 16/6308, S. 216 re. Sp.). Allerdings ist umstritten, ob § 84 FamFG bei Rücknahme eines Rechtsmittels überhaupt einschlägig ist. Zum Teil wird dies unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung nunmehr angenommen (Haußleiter, FamFG, § 84, Rn 2; Wittenstein, in: Bahrenfuß, FamFG, § 84, Rn 7; Feskorn, in: Prütting/Helms, FamFG, § 84, Rn 3; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 84, Rn 19). Nach a.A. soll sich die Kostenfolge bei Rücknahme des Rechtsmittels aus § 81 FamFG ergeben (Müther, in: Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, § 84, Rn 9; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 84, Rn 1). Danach kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen, § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG.
Welcher dieser Meinungen zu folgen ist, kann vorliegend offen bleiben. Nach bisheriger Rspr. des Senats zu § 13a Abs. 1 S. 1 FGG entspricht eine Kostenerstattungsanordnung zu Lasten des Rechtsmittelsführers regelmäßig der Billigkeit, falls nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen (Senat, Beschl. v. 24.8.1992 – 1 W 2765/92, NJW-RR 1993, 831). Hieran ist auch unter Anwendung des geltenden Verfahrensrechts festzuhalten. Besondere Umstände, die danach sowohl bei einer Entscheidung nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG als auch nach § 84 FamFG zu berücksichtigen sind, liegen hier nicht vor. Die Beteiligten zu 6) und 7) hatten keine Veranlassung, ohne Kenntnis der zur Erteilung des Erbscheins von dem AG ermittelten Tatsachen, gegen dessen Beschl. v. 26.5.2010 sogleich Beschwerde zu erheben. Es hätte, wie das AG zutreffend ausgeführt hat, zunächst völlig ausgereicht, Einsicht in die Nachlassakten zu nehmen, um daraus Schlüsse über ihr weiteres Vorgehen zu ziehen. Hieran ändert nichts der Einwand der Beteiligten zu 6) und 7), wegen der bevorstehenden Übertragung des Eigentums an dem Grundstück von der Beteiligten zu 1) auf die Beteiligte zu 2) sei Eile und zur Wahrung ihrer Rechte der Antrag geboten gewesen. Selbst dies unterstellt, hätte es der Einlegung der Beschwerde nicht bedurft. Diese konnte, nachdem das AG den Erbschein bereits erteilt hatte, ohnehin nur noch darauf gerichtet sein, den Erbschein einzuziehen, § 352 Abs. 3 FamFG. Insofern hätte es aber völlig ausgereicht, b...