GKG §§ 45 Abs. 1 S. 3, 48 Abs. 1 S. 1 ZPO § 3
Leitsatz
- Der Wert einer Berufung gegen die Feststellung, dass die Kläger zu jeweils ¼ Miterben geworden sind, richtet sich nach dem Anteil der Kläger. Dass die Beklagte geltend macht, selbst nur zu einem Drittel Miterbin geworden zu sein, führt nicht zu einer Reduzierung des Streitwerts.
- Die Werte wechselseitiger Klagen auf Feststellung des Erbrechts betreffen denselben Gegenstand, so dass ihre Werte nicht zusammenzurechnen sind.
BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – IV ZR 146/10
1 Aus den Gründen
Mit ihrer Klage begehren die Kläger Feststellung, dass sie durch letztwillige Verfügung von Todes wegen Miterben zu je 1/4 der verstorbenen Erblasserin geworden sind. Die Beklagte verfolgt im Beschwerdeverfahren neben ihrem Klageabweisungsantrag den Widerklageantrag, dass sie kraft gesetzlicher Erbfolge Miterbin zu 1/3 nach der Erblasserin geworden ist. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgeben und die Widerklage (soweit sie nicht zurückgenommen wurde) abgewiesen.
In der Rechtsmittelinstanz ist bei der Bemessung des Streitwerts vom wirtschaftlichen Interesse der unterlegenen Beklagten auszugehen. Ihr Klageabweisungsantrag zielt darauf, dass die Kläger nicht berechtigt sind, die Erbschaft in dem von ihnen behaupteten Umfang für sich in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte will mithin die Beteiligung der Kläger am Nachlass beseitigt wissen. Maßgebend hierfür ist der Anteil der Kläger am Nachlass. Der Wert des um die Verbindlichkeiten verminderten Nachlasses beträgt 333.129,18 EUR. Die Kläger nehmen hiervon 3/4 in Anspruch, woraus sich ein Wert von 249.846,88 EUR ergibt. Ferner ist wegen der von den Klägern erhobenen positiven Feststellungsklage ein Abschlag von 20 % vorzunehmen (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rn 3899). Hieraus ergibt sich ein Wert des Klageantrags von 199.877,51 EUR.
Von diesem Wert ist nicht deshalb ein weiterer Abschlag vorzunehmen, weil die Beklagte selbst nur geltend macht, mit 1/3 als gesetzliche Erbin am Nachlass beteiligt zu sein. Dies führt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht dazu, dass sich der Streitwert nur auf 1/4 (3/4 x 1/3) des Nachlassgesamtwerts richtet. Hierbei wird übersehen, dass die Beklagte mit ihrem Klageabweisungsantrag insgesamt jegliche erbrechtliche Ansprüche der Kläger zu 1) bis 3) ausschließen will. Hierfür kommt es nicht darauf an, in welchem Verhältnis die Beklagte selbst am Nachlass beteiligt ist. Dies spielt vielmehr erst für die von ihr erhobene Widerklage auf Feststellung, dass sie gesetzliche Miterbin zu 1/3 geworden ist, eine Rolle. Diese Widerklage hat einen Streitwert von 88.834,45 EUR (1/3 des Gesamtnachlasswerts von 333.129,18 EUR abzüglich eines 20 %-igen Feststellungsabschlags).
Klage und Widerklage sind gem. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht zusammenzurechnen, da die Ansprüche denselben Gegenstand betreffen. Hierfür kommt es nicht auf den zivilprozessualen Streitgegenstandsbegriff an. Maßgebend ist vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise (Senatsbeschl. v. 6.10.2004 – IV ZR 287/03, NJW-RR 2005, 506). Eine wirtschaftliche Identität von Klage und Widerklage liegt nach der von der Rspr. "Identitätsformel" dann vor, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass das Gericht beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht (vgl. auch Hartmann, KostG, 41. Aufl., § 45 GKG Rn 10). Hier hat die Feststellung, dass die Kläger testamentarische Erben der Erblasserin geworden sind, notwendigerweise die Abweisung der Widerklage zur Folge, mit der die Beklagte die Feststellung begehrt, dass sie gesetzliche Erbin geworden ist. Entsprechend müsste die Klage abgewiesen werden, wenn der Widerklage stattgegeben würde. Anzusetzen ist mithin gem. § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nur der höhere Wert der Klage von 199.877,51 EUR.