FamGKG §§ 38, 44
Leitsatz
- Bei steckengebliebenen Stufenanträgen richtet sich der Gegenstandswert mindestens nach der Höhe der außergerichtlich geltend gemachten Forderung.
- Für nicht verbundfähige Verfahren, die von einem Beteiligten im Verbund geltend gemacht und bis zur Beendigung des Verfahrens nicht abgetrennt werden, ist im Verbund ein Gegenstandswert festzusetzen.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.11.2008 – 18 WF 227/11
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hat im Scheidungsverbundverfahren mit Schriftsatz vom 26.11.2007 eine Stufenklage auf Zugewinnausgleich sowie eine Stufenklage auf Zahlung von Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt ab dem 1.11.2007 anhängig gemacht. Ferner beantragte sie Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gestellten Anträge. Das FamG stellte die Antragsschrift am 29.11.2007 zu und bewilligte durch Beschl. v. 25.2.2008 Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug einschließlich Folgesachen.
Mit außergerichtlichem Schreiben vom 22.5.2009 bezifferte die Antragstellerin ihren monatlichen Unterhaltsanspruch auf 715,41 EUR, mit ebenfalls außergerichtlichem Schriftsatz vom 12.2.2010 errechnete sie ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 238.050,13 EUR und forderte darüber hinaus die Rückzahlung einer unbenannten Zuwendung in Höhe von 58.051,49 EUR. Im Termin zur mündlichen Verhandlung im Verbundverfahren protokollierte das Familienrecht eine Scheidungsfolgenvereinbarung, worin sich der Antragsgegner zur Bezahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 454,00 EUR monatlich verpflichtete. Weiterhin verzichteten die Eheleute auf etwaige aufgelaufene Ansprüche auf rückständigen Trennungsunterhalt sowie auf künftigen nachehelichen Unterhalt. Letztlich verpflichtete sich der Antragsgegner, zur Abgeltung der Zugewinnausgleichsansprüche der Antragstellerin 120.000,00 EUR zu bezahlen, wodurch alle gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche untereinander beglichen sein sollten. Die Ehegatten verzichteten wechselseitig auf etwaige weitergehende Zugewinnausgleichsansprüche sowie sonstige vermögensrechtliche Ansprüche und nahmen den Verzicht gegenseitig an. Sie erklärten sämtliche wechselseitigen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, für abgefunden und erledigt.
Das FamG setzte die Gegenstandswerte für Ehesache und Versorgungsausgleich unbeanstandet in Höhe von 6.300,00 EUR bzw. 1.890,00 EUR fest. Weiterhin setzte es für den Zugewinnausgleich einen Gegenstandswert in Höhe von 120.000,00 EUR und für den nachehelichen Unterhalt einen solchen von 8.584,92 EUR fest. Den Mehrwert des Vergleichs bemaß es hinsichtlich des Kindesunterhalts auf 5.448,00 EUR.
Mit der Beschwerde macht der Antragsgegnervertreter geltend, dass der Gegenstandswert im Zugewinnausgleich mit 238.050,13 EUR und im Kindesunterhalt mit 5.448,00 EUR festzusetzen sei. Außerdem erstrebt er die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes hinsichtlich des Ehegattentrennungsunterhalts in Höhe von 8.584,92 EUR und hinsichtlich eines Anspruchs auf Rückzahlung einer ehebedingten Zuwendung in Höhe von 58.051,49 EUR.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde des Antragstellervertreters hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Gegenstandswert des Zugewinnausgleichsverfahrens beträgt 238.050,13 EUR.
Gem. § 38 FamGKG ist in Fällen eines Stufenklageanspruches für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höchste, maßgebend. Dies ist regelmäßig der in der Zahlungsstufe geltend gemachte Leistungsantrag. Kommt es zu dessen Bezifferung im gerichtlichen Verfahren nicht mehr (sog. steckengebliebene Stufenklage), ist der Wert nach der ursprünglichen Leistungserwartung zu bemessen (OLG Stuttgart FamRZ 2008, 533; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 71; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Keske, 8. Aufl., 2011, Kap. 17, Rn 56). Abzustellen ist folglich auf den zunächst vorgestellten Zahlungsanspruch, auch wenn ihn die Antragstellerin letztendlich nicht mehr weiterverfolgt hat, selbst wenn dies darauf beruhen mag, dass es sich um eine übersetzt geäußerte Begehrensvorstellung gehandelt hat (OLG Celle JurBüro 2011, 483). In einem solchen Fall ist der Wert gem. § 3 ZPO nach objektiven Anhaltspunkten zu schätzen. Dabei ist anhand des in das Verfahren eingeführten Tatsachenvortrags der Antrag stellenden Partei danach zu fragen, welche Vorstellungen sie sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (BGH FamRZ 1993, 1189). Einen sicheren und verwertbaren Anhaltspunkt dafür liefert insbesondere die Höhe der in Vergleichsverhandlungen außergerichtlich geltend gemachte Forderung (OLG Stuttgart FamRZ 2008, 534). Hier wurden von der Antragstellerin tatsächlich 238.050,13 EUR vom Antragsgegner gefordert, so dass auch in dieser Höhe Streit zwischen den Eheleuten über den zu bezahlenden Zugewinnausgleich bestand. Darauf, ob dieser tatsächlich in voller Höhe auch gerichtlich geltend gemacht worden wäre, oder ob die Antragstellerin zunächst nur einen Teilbetrag gefordert hätte, kommt es nicht an.
Auch ist nicht auf eine eventuelle Erfolgsaussicht der gerichtlichen Geltendmachung abzustellen. Zwar weist ...