VersAusglG §§ 33 f. FamGKG § 50 Abs. 1 S. 1, 1. Alt., Abs. 3
Leitsatz
- Die Festsetzung des Verfahrenswerts in Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG richtet sich nach § 50 FamGKG.
- Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 50 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. FamGKG grundsätzlich auf 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten.
- Bei der Wertberechnung ist jedes verfahrensgegenständliche Versorgungsanrecht zugrunde zu legen. Dies sind die Anrechte, hinsichtlich derer eine Aussetzung der Kürzung nach §§ 33, 34 VersAusglG in Betracht kommt.
- Ist der sich so errechnende Verfahrenswert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht gem. § 50 Abs. 3 FamGKG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen. Eine Orientierung an der Wertfestsetzung für Unterhaltsverfahren ist jedoch nicht systemgerecht.
OLG Schleswig, Beschl. v. 27.10.2011 – 10 WF 178/11
1 Aus den Gründen
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes in einem Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG.
Die nach § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Verfahrenswert ist niedriger als vom FamG vorgenommen festzusetzen.
Die Frage, wie der Verfahrenswert in Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG festzusetzen ist, wird in Rspr. u. Lit unterschiedlich beantwortet. Während OLG Frankfurt (Beschl. v. 8.9.2010 – 5 UF 198/10) und OLG Hamm (FamRZ 2011, 814 u. FamRZ 2011, 815) für die Wertfestsetzung § 50 FamGKG zugrunde legen, sind Thiel (in: Schneider/Herget, Streitwertkommentar, Rn 8840 ff.) und Hauß (Praktische Fragestellungen des neuen Versorgungsausgleichs FamRB 2010, 257) der Ansicht, es sei auf § 42 FamGKG zurückzugreifen. Dabei legen OLG Frankfurt (a.a.O. im Rahmen von § 50 Abs. 3 FamGKG i.V.m. § 42 Abs. 1 FamGKG) und Thiel (a.a.O. im Rahmen von § 42 Abs. 1, 3 FamGKG) die Wertung des § 51 FamGKG zugrunde und bestimmen den Verfahrenswert auf der Grundlage des Verfahrenswertes einer vergleichbaren Unterhaltssache.
Grundlage für die Festsetzung des Versorgungsausgleichs in Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG ist § 50 FamGKG. Denn bei den genannten Verfahren handelt es sich um Versorgungsausgleichsverfahren i.S.v. § 111 Nr. 7 FamFG. Der Umstand, dass im Rahmen des Verfahrens inzident Unterhaltsansprüche geprüft werden müssen, ändert hieran nichts. § 50 FamGKG ist lex specialis gegenüber § 42 FamGKG, auch wenn der Gesetzgeber Verfahren nach §§ 33, 34 VersAusglG bei Schaffung des § 50 FamGKG möglicherweise nicht bedacht hat.
Der Verfahrenswert beläuft sich gem. § 50 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. FamGKG grundsätzlich für jedes verfahrensgegenständliche Anrecht auf 10 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Entgegen der Ansicht des Brandenburgischen OLG (Beschl. v. 24.3.2011 – 13 WF 38/11) und des OLG Hamm (FamRZ 2011, 815) ist nicht § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG anwendbar, wonach der Verfahrenswert für jedes verfahrensgegenständliche Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten beträgt. Denn § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG betrifft nur Ausgleichsansprüche nach der Scheidung i.S.v. §§ 20 bis 26 VersAusglG (OLG Nürnberg FamRZ 2011, 132; OLG Hamm FamRZ 2011, 995). Dies ergibt sich zum Einen aus dem Wortlaut der Vorschrift ("Ausgleichsansprüche nach der Scheidung"), der auf die Überschrift von Abschnitt 3 des Teils I Kapitel 2 des VersAusglG Bezug nimmt. Zum Anderen ergibt sich dies aus der Gesetzesbegründung, wonach ausdrücklich auf die Ausgleichsansprüche nach der Scheidung i.S.v. §§ 20 ff. VersAusglG Bezug genommen wurde (BT-Drucks 16/11903, 61).
Der Wertberechnung ist jedes verfahrensgegenständliche Versorgungsanrecht zugrunde zu legen (BT-Drucks 16/11903, 61). Dies sind die Anrechte, hinsichtlich derer eine Aussetzung der Kürzung nach § 33 VersAusglG in Betracht kommt. Soweit gem. § 33 Abs. 3 VersAusglG bei der Entscheidung weitere Anrechte eine Rolle spielen können, stellen diese lediglich Posten einer inzident vorzunehmenden Berechnung dar.
Ist der sich so errechnende Verfahrenswert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht gem. § 50 Abs. 3 FamFG einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen. Eine Orientierung an der Wertfestsetzung für Unterhaltsverfahren ist jedoch nicht sachgerecht. Dies wäre systemfremd. Der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichsverfahren leitet sich gerade nicht aus dem 12-fachen Monatsbetrag ab, sondern orientiert sich an den Einkünften der Ehegatten. Dies zeigt nicht zuletzt die Regelung des § 50 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. FamGKG, wonach sich der Verfahrenswert für Verfahren über eine schuldrechtliche Ausgleichsrente, obwohl der Zahlungsweise nach einer Unterhaltsrente ähnlich, nicht nach dem 12-monatigen Bezug, sondern auf der Grundlage der Einkommensverhältnisse der Ehegatten errechnet.
Vorliegend verfügt der Beteiligte zu 1) über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 4.000,00 EUR und die Beteiligte zu 2) über ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 1.600,00 ...