RVG § 56 BerHG §§ 2 Abs. 1, 6 Abs. 1

Leitsatz

  1. Im Verfahren über die Bewilligung von Beratungshilfe kann der Rechtspfleger die Beratungshilfe nicht auf eine bloße Beratung beschränken, da zu diesem Zeitpunkt mangels Beratung noch nicht feststehen kann, ob eine anwaltliche Vertretung erforderlich sein wird.
  2. Die Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung, die auf einer (nachprüfbaren) Ermessensentscheidung des Rechtsanwalts beruht, ist vielmehr erst im Vergütungsfestsetzungsverfahren zu prüfen.

AG Brühl, Beschl. v. 27.9.2011 - 85 II 673/11

1 Sachverhalt

Dem Antragsteller war mit Berechtigungsschein Beratungshilfe für "Außergerichtliche Beratung" bewilligt worden. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers wurde daraufhin für diesen tätig, indem er ihn einerseits beriet und ihn andererseits außergerichtlich vertrat. Dabei nahm er Kontakt mit der Kfz-Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers des Antragstellers auf mit dem Erfolg, dass diese die Forderungsabwehr im gerichtlichen Verfahren gegen den Antragsteller übernahm. Das AG hat daraufhin eine Beratungsgebühr gem. Nr. 2501 VV nebst Mehrwertsteuer festgesetzt. Eine weitergehende Festsetzung bezüglich der darüber hinaus geltend gemachten Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV, der Erledigungsgebühr nach Nr. 2508 VV und der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV sind mit der Begründung verweigert worden, sie seien nicht von dem Berechtigungsschein gedeckt. Die Bewilligung beziehe sich nur auf die außergerichtliche Beratung, nicht aber auf darüber hinausgehende Tätigkeiten.

Auf die Erinnerung des Antragstellers wurde der Beschluss aufgehoben und die Rechtspflegerin angewiesen, unter Berücksichtigung der Rechtsaufassung in diesem Beschluss über den Kostenfestsetzungsantrag neu zu entscheiden.

2 Aus den Gründen

Die Erinnerung hatte in der Sache Erfolg, weil die Festsetzung der begehrten Gebühren mit rechtsfehlerhafter Begründung verweigert worden ist. Gem. § 2 Abs. 1 BerHG besteht die Beratungshilfe in Beratung und, soweit erforderlich, in Vertretung. Eine Vertretung wird von der Beratungshilfe also nur umfasst, soweit diese erforderlich ist, was im Einzelfall zu entscheiden ist. Dabei kann über die Erforderlichkeit der Vertretung nicht schon bei der Erteilung des Berechtigungsscheins gem. § 6 Abs. 1 BerHG entschieden werden, weil zu diesem Zeitpunkt mangels Beratung noch nicht klar ist, ob eine Vertretung erforderlich wird. Einen auf "Beratung" beschränkten Berechtigungsschein gibt es daher nicht (Schoreit/Groß, Beratungshilfe, 10. Aufl. [2010], § 2 BerHG Rn 11). Geprüft wird die Erforderlichkeit daher erst im Gebührenfestsetzungsverfahren (Schoreit/Groß, § 6 BerHG Rn 2). Sie ist vom Anwalt darzulegen, wobei ihm ein überprüfbarer Ermessensspielraum zusteht.

Die Erforderlichkeit der Vertretung hätte daher im Festsetzungsverfahren geprüft werden müssen. Das ist übersehen worden. Er unterlag deshalb der Aufhebung. Bei der erneuten Festsetzung dürfte vorliegend zu berücksichtigen sein, dass die vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers entfaltete Tätigkeit erfolgreich war, was ein starkes Indiz für die Erforderlichkeit der Vertretung darstellen dürfte.

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