RVG VV Vorbem. 4 Abs. 4
Leitsatz
- Das Entstehen einer Gebühr mit Zuschlag (Vorbem. 4 Abs. 4 VV) setzt nicht voraus, dass beim Verteidiger durch die Inhaftierung des Mandanten Erschwernisse oder Mehraufwendungen tatsächlich entstanden sind. Der Gebührenanfall setzt vielmehr nur voraus, dass der Mandant in dem Zeitabschnitt, für den die Gebühr anfällt, sich nicht in Freiheit befand, wobei die Dauer des Freiheitsentzugs ebenfalls ohne Bedeutung ist.
- Die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts erstreckt sich nur auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens und gegebenenfalls die des vorausgegangenen Verfahrens, nicht aber auch auf die Kosten eines Verfahrens nach Zurückverweisung.
OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.10.2012 – 1 Ws 422/12
1 Aus den Gründen
1. Die Verfahrensgebühr mit Zuschlag nach Nr. 4205 VV entsteht immer dann, wenn der Mandant sich während eines sonstigen Verfahrens in der Strafvollstreckung nicht auf freiem Fuß befindet (vgl. Volpert, in: Burhoff, RVG 2. Aufl., Nr. 4205 VV Rn 2). Zwar ist Sinn und Zweck des Zuschlags, den Mehraufwand abzugelten, der anfällt, weil die Kontaktaufnahme mit einem inhaftierten Mandanten notwendig wird bzw. werden kann. Jedoch ist nicht erforderlich, dass derartige Erschwernisse oder Mehraufwendungen auch tatsächlich entstanden sind (vgl. Burhoff, RVG 2. Aufl., Vorbem. 4 Rn 87 m. w. Nachw.). Der Gebührenanfall setzt vielmehr nur voraus, dass der Mandant in dem Zeitabschnitt, für den die Gebühr anfällt, sich nicht in Freiheit befand, wobei die Dauer des Freiheitsentzugs ebenfalls ohne Bedeutung ist (Burhoff RVG, 2. Aufl. Vorbem. 4 Rn 88 ff.).
Da vorstehend die Beauftragung der Verteidigerin ihr am 15.12.2010 und damit – wenn auch nur zwei Tage – vor der Entlassung des Mandanten aus der Haft zuging und von ihr an diesem Tage auch angenommen wurde, liegen die Voraussetzungen für den Anfall der Gebühr aus Nr. 4205 VV vor. Dementsprechend war der angefochtene Beschluss abzuändern
2. Die weitergehende sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Gebühren für das Verfahren vor der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des LG nach Zurückverweisung können nicht aufgrund der Kostenentscheidung im Senatsbeschluss geltend gemacht werden. Das Beschwerdegericht entscheidet nur über Kosten und Auslagen im Beschwerdeverfahren (bzw. über bis dahin angefallene Kosten), nicht auch über weitere, später anfallende Kosten nach Zurückverweisung. Diese Kosten beziehen sich auf ein neues, eigene Gebühren auslösendes Verfahren (vgl. auch Gieg, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. § 473 Rn 7). Anderes kann auch nicht der gewählten Formulierung "hierdurch angefallene" Auslagen entnommen werden, da damit nicht alle späteren in irgendeiner Hinsicht kausalen Auslagen gemeint waren, sondern ersichtlich nur die im Beschwerdeverfahren anfallenden Auslagen.
Auch aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Fundstelle (Herget, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 97 Rn 15; BGH NJW 1967, 203) folgt nichts anderes. Der dort genannte Fall bezieht sich auf eine Aufhebung und Zurückverweisung im Beschwerdeverfahren, bei welchem das Obsiegen in diesem Beschwerdeverfahren ausschließlich darauf beruhte, dass im Beschwerdeverfahren neues Vorbringen erfolgte, welches bereits im ersten Rechtszug hätte geltend gemacht werden können. So aber liegt der Fall hier nicht.
Entnommen von www.burhoff.de