Die Rechtspflegerin hat die von der Antragstellerin geltend gemachte Verfahrensgebühr für die Einschaltung ihrer Patenanwälte – und damit auch die Kostenpauschale – zu Unrecht festgesetzt. Eine Kostenerstattungspflicht der Antragsgegnerin folgt vorliegend weder aus § 52 Abs. 4 GeschmMG noch hat die Antragstellerin dargelegt, dass die Mitwirkung ihrer Patentanwälte aus Gründen besonderer Sachkunde erforderlich war.
1. § 52 Abs. 4 GeschmMG bestimmt, dass von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Geschmacksmusterstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG des RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten sind. Nach einhelliger Ansicht in der Rspr. und Kommentarlit. ist der Begriff der Geschmacksmustersache – ebenso wie der der Marken-, Gebrauchsmuster- und Patentsache – weit auszulegen (vgl. Eichmann/von Falckenstein, GeschmMG, 4. Aufl., § 52 Rn 10, Günther/Beierlein, GeschmMG, 2. Aufl., § 52 Rn 15, jeweils m. w. Nachw.). Daraus folgt indes kein Automatismus in dem Sinne, dass jedes einem Erkenntnisverfahren nachfolgende Zwangsvollstreckungsverfahren ebenfalls eine Geschmacksmusterstreitsache darstellt. Es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen, ob es der vom Gesetzgeber für das Erkenntnisverfahren fingierten besonderen Sachkunde des Patentanwalts auch im Rahmen der Vollstreckung des Anspruchs bedarf. Das wird in der Rspr. etwa in den Fällen anerkannt, in denen es gem. § 890 ZPO um die Durchsetzung einer Unterlassungsverfügung geht. Denn hier besteht die nicht nur abstrakte Gefahr, dass die Parteien über den objektiven Umfang der titulierten Verpflichtung aus einer Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster- oder Markensache streiten (vgl. OLG München, Beschl. v. 17.6.2005 – 6 W 1198/05, GRUR-RR 2006, 68). Auch bei der Herausgabevollstreckung zur Sicherung des Anspruchs auf Vernichtung patentverletzender Gegenstände kann die Mitwirkung eines Patentanwalts in kostenrechtlicher Hinsicht Anerkennung finden, wenn nämlich die titulierte Herausgabeanordnung so unbestimmt gefasst ist, dass es im Einzelfall einer besonderen Sachkunde bedarf, um die Verletzungsgegenstände eindeutig zu identifizieren (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 20.1.2010 – 2 W 69/09, GRUR-RR 2010, 405).
Grundsätzlich anders liegen die Dinge indes bei der Vollstreckung einer Auskunftsverpflichtung bezüglich der Herkunft und des Vertriebsweges der in Rede stehenden Produkte. Es geht dem Berechtigten in diesen Fällen ausschließlich um die Erlangung von Angaben, die keinen technischen Hintergrund aufweisen. Die Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts bei der Durchsetzung solcher Ansprüche ist daher – jedenfalls in der Regel – nicht ersichtlich.
Das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren erfüllt nach dem Gesagten nicht die Voraussetzungen einer geschmacksmusterrechtlichen Streitigkeit. Der Antragsgegnerin ist auferlegt worden, die Namen, Anschriften von Herstellern, Vorbesitzern, Lieferanten, Abnehmern und Verkaufsstellen sowie die Mengen der umgesetzten Veneers anzugeben. Wie den Akten zu entnehmen ist, ist sie dieser Verpflichtung, wenn auch sukzessive, durch die Mitteilung ihres Lieferanten und ihrer Abnehmerin sowie durch die Vorlage ihrer Preisliste und die Angabe der Summe der verkauften Veneers nachgekommen. Zwischen den Parteien gab es nicht etwa einen Streit darüber, ob die betreffenden Produkte Gegenstand der Unterlassungsverfügung waren oder nicht. Somit bedurfte es auf der Gegenseite ersichtlich nicht der Unterstützung durch einen Patentanwalt. Das Verfahren hätte vielmehr auch allein von den – zumal in wettbewerblichen Streitigkeiten offensichtlich erfahrenen – anwaltlichen Bevollmächtigten der Antragstellerin betrieben werden können.
Der Senat verkennt nicht, dass das OLG Stuttgart eine Erstattungsfähigkeit der Kosten des Patentanwaltes nach § 52 Abs. 4 GeschmMG auch im Falle einer Zwangsvollstreckung zur Erzwingung einer Auskunft angenommen hat (Beschl. v. 21.3.2005 – 8 W 106/05). Das Gericht hat es dabei für die Annahme einer geschmacksmusterrechtlichen Streitsache genügen lassen, dass eine Meinungsverschiedenheit darüber, welche Gegenstände noch in den Auskunftsanspruch fallen und welche nicht, nicht habe ausgeschlossen werden können. Dieser, auf eine rein abstrakte Gefahrenlage abstellenden Betrachtungsweise folgt der Senat nicht. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob konkrete Anhaltpunkte für eine solche Auseinandersetzung vorliegen.
2. Greift eine Kostenerstattungspflicht der Antragsgegnerin nicht schon auf der Grundlage von § 52 Abs. 4 GeschmMG, so hat die Antragstellerin auch nicht dargelegt, dass die Mitwirkung ihrer Patentanwälte aus sonstigen Gründen erforderlich war. Dafür ist nichts ersichtlich. Es kann auf das oben Gesagte verwiesen werden.
Mitgeteilt von RiOLG Ferdinand Schütz, Köln