RVG § 11 Abs. 8

Leitsatz

Die für die Festsetzung einer Rahmengebühr gegen den Mandanten nach § 11 Abs. 8 RVG erforderliche Zustimmungserklärung kann nicht schon bei Auftragserteilung erklärt werden, sondern erst nach dem Abschluss der Angelegenheit.

LG Cottbus, Beschl. v. 19.10.2012 – 24 Qs 223/12

1 Sachverhalt

Nach Abschluss des Strafverfahrens beantragte der Verteidiger die Vergütungsfestsetzung nach § 11 Abs. 8 RVG gegen seinen früheren Mandanten unter Vorlage "Allgemeiner Mandatsbedingungen", die dieser unterzeichnet hatte. Dabei handelte es sich um formularmäßig abgefasste allgemeine Mandatsbedingungen, die eine Zustimmungserklärung des Mandanten nach § 11 Abs. 8 RVG mit folgendem Wortlaut enthielten: "Sofern für die anwaltliche Tätigkeit Rahmengebühren gem. § 14 RVG entstehen (z.B. in Strafsachen), stimmt der Mandant dem Ansatz der Mittelgebühr zur vereinfachten Festsetzung durch das Gericht ausdrücklich zu."

Die Rechtspflegerin wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Vergütungsfestsetzung gem. § 11 Abs. 8 RVG zurück. Zur Begründung führte sie aus, die mit Antragstellung vorgelegte Zustimmungserklärung des Verurteilten sei nicht ausreichend, weil diese bereits im Rahmen des Anwaltsvertragsabschlusses erteilt worden sei. Bei der Zustimmungserklärung gehe es insbesondere darum, dass der Vertragspartner, hier der Verurteilte, der vom Verteidiger ausgeübten Ermessensentscheidung über die Höhe der verlangten Gebühren zustimme. Diese Ermessensausübung könne naturgemäß erst zum Ende der Tätigkeit erfolgen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich dessen sofortige Beschwerde. Der Mandant habe der exakt bestimmbaren Gebührenhöhe, konkret der Mittelgebühr, zugestimmt. Der Wortlaut des § 11 Abs. 8 RVG schreibe keinen Zeitpunkt für die Abgabe der Zustimmungserklärung vor.

Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache daher der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

2 Aus den Gründen

Gem. § 11 Abs. 8 i.V.m. Abs. 1 RVG kommt die Festsetzung der Vergütung im vereinfachten Verfahren nur dann in Betracht, wenn die Mindestgebühren geltend gemacht werden oder der Auftraggeber der Höhe der Gebühren ausdrücklich zugestimmt hat.

An einer solchen Zustimmungserklärung fehlt es hier. Die Kammer folgt der Rechtsauffassung der Rechtspflegerin des AG.

In der Kommentarliteratur werden zu der Rechtsfrage, auf welchen Zeitpunkt für die Zustimmungserklärung abzustellen ist, unterschiedliche Auffassungen vertreten. Eine Auffassung stellt darauf ab, dass es unerheblich sei, wann die Zustimmungserklärung des Auftraggebers erfolgt sei, vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 11 Rn 40. Die andere Rechtsauffassung verlangt, dass die Zustimmungserklärung erst nach dem Abschluss der Angelegenheit erfolgt sei, vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 19. Aufl., § 11 Rn 99.

Die Kammer folgt der zuletzt genannten Rechtsauffassung, wie auch schon das LG Zweibrücken mit seiner Entscheidung v. 16.11.2009 – Qs 121/09.

Die vom Verurteilten bei Auftragserteilung abgegebene formularmäßige Zustimmungserklärung für die Festsetzung von Gebühren in Höhe der Mittelgebühr im Strafverfahren entspricht nicht der nach der Systematik des Gesetzes erforderlichen Zustimmungserklärung. Wie auch das LG Zweibrücken geht die Kammer davon aus, dass es bei der Abgabe der Zustimmungserklärung gerade nicht um die Gebührenvereinbarung geht, sondern dass der Mandant der Ermessensausübung des Verteidigers zustimmt. Die Ermessensausübung kann der Verteidiger mit Blick auf die Bemessungskriterien des § 14 RVG naturgemäß aber erst bei Abschluss seiner Tätigkeit umfassend vornehmen. Nur dann entsprechen sie auch der gesetzlichen Vergütung i.S.d. § 11 Abs. 1 RVG.

Die Rechtspflegerin hat daher zu Recht im Ergebnis eine Vergütungsfestsetzung zurückgewiesen, weil es sich bei der beantragten festzusetzenden Vergütung nicht um die gesetzliche i.S.v. § 11 RVG handelt.

3 Anmerkung

Das LG macht es sich m.E. zu einfach.

Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 8 RVG ergibt sich nicht, ab wann die Zustimmungserklärung erteilt werden kann.

Die Auffassung des LG Cottbus und des LG Zweibrücken, wonach die Zustimmungserklärung erst nach Beendigung des Mandats erteilt werden könne, ist m.E. in dieser pauschalen Form daher auch nicht zutreffend.

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass ein Mandat aus mehreren Angelegenheiten bestehen kann, z.B. der Vertretung im vorbereitenden Verfahren, im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren. Daher muss auf jeden Fall eine Zustimmung für die Höhe der Vergütung im vorbereitenden Verfahren möglich und zulässig sein, sobald dieses abgeschlossen ist. Die Zustimmung für die Höhe der Gebühren im erstinstanzlichen Verfahren muss zulässig und möglich sein, wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, auch wenn das Berufungsverfahren noch andauert.

Das Problem liegt m.E. auch weniger in der Frage, ab wann eine Zustimmung erklärt werden kann, als in der Frage, ab wann der Anwalt eine verbindliche Bestimmung i.S.d. § 14 Abs. 1 RVG, § 315 BGB abgeben kann.

In dem Moment, in ...

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