RVG VV Nr. 3105 InsO §§ 209, 210, 301 GKG § 63 Abs. 1
Leitsatz
- Erscheint im Termin zur mündlichen Verhandlung nach einem Einspruch gegen einen Vollstreckungsbescheid der Beklagte nicht oder ist er nicht ordnungsgemäß vertreten, entsteht für den Anwalt des Klägers nur die ermäßigte 0,5-Terminsgebühr.
- Im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens muss auch zugunsten des Antragstellers ein Rechtsschutzinteresse gegeben sein. Dies kann nach Eintritt der Insolvenz des Kostenschuldners jedenfalls dann entfallen, wenn Masseunzulänglichkeit angezeigt wurde. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens allein beseitigt dagegen noch nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Erstattungsberechtigten.
- Ein Kostenfestsetzungsbeschluss, der vor Eintritt einer Insolvenz gegen den Schuldner erwirkt wurde, verliert nach erteilter Restschuldbefreiung für die Schuldner nicht von sich aus seine Rechtswirkung, sodass ein Vollstreckungsverfahren aus diesem Titel möglich bleibt. Der Schuldner ist zur Abwehr der Vollstreckung insoweit auf eine Vollstreckungsabwehrklage verwiesen.
- Im Verfahren über die sofortige Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist von Amts wegen kein Wert festzusetzen, da keine wertabhängigen Gerichtsgebühren anfallen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.4.2012 – 6 W 52/12
1 Sachverhalt
Der Anwalt hatte für seinen Mandanten am 7.6.2006 einen Mahnbescheid und am 31.8. 2006 einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Hiergegen hatte der Antragsgegner/Beklagte Einspruch eingelegt, sodass das Gericht nach Eingang der Anspruchsbegründung gem. §§ 700 Abs. 4, 272 Abs. 1 ZPO Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 1.2.2007 anberaumt hatte. Dort war der Beklagte zwar erschienen, allerdings ohne anwaltliche Vertretung, sodass gegen ihn zweites Versäumnisurteil erging, mit dem der Einspruch verworfen wurde.
Am 27.6.2007 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass über das Vermögen des Beklagten wegen Zahlungsunfähigkeit bereits am 11.10.2006 das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Treuhänder bestellt worden war. Mit Beschl. v. 26.2.2010 wurde dem Beklagten Restschuldbefreiung erteilt.
Später, am 12.8.2011, rief der Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers in seiner Kanzlei zum Zwecke des Abschlusses einer Ratenzahlungsvereinbarung an, die jedoch nicht zustande kam.
Der Rechtspfleger des LG hat die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten festgesetzt und dabei eine 1,2-Terminsgebühr berücksichtigt. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde. Er wendet sich gegen die Festsetzung der 1,2-Terminsgebühr sowie der Umsatzsteuer.
Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nur hinsichtlich der Umsatzsteuer abgeholfen und sie im Übrigen dem OLG zur Entscheidung vorgelegt. Dort hatte sie teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist gem. den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für den Beklagten 670,56 EUR (nach Teilabhilfe noch 538,80 EUR) und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200,00 EUR.
Dass die Einlegung der sofortigen Beschwerde in rechtsmissbräuchlicher und damit in unzulässiger Weise erfolgt wäre, kann nicht festgestellt werden. Selbst wenn die Parteien sich in Vergleichsverhandlungen über die Kostenerstattungsforderung des Klägers befunden haben sollten, führt dies – wenn nicht ausdrücklich ein Rechtsmittelverzicht vereinbart worden ist – nicht zur Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde. Einen Rechtsmittelverzicht hat der Klägervertreter nicht nachgewiesen.
Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Für die Kostenfestsetzung besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.
a) Zwar spricht einiges dafür, dass der Kostenerstattungsanspruch des Klägers von der dem Beklagten erteilten Restschuldbefreiung erfasst sein dürfte, § 301 InsO.
Der Kläger ist hinsichtlich seines Kostenerstattungsanspruchs im vorliegenden Rechtsstreit Insolvenzgläubiger i.S.v. § 38 InsO. Dieser Kostenerstattungsanspruch war ein Vermögensanspruch, der bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 11.10.2006 begründet war.
Der Kostenerstattungsanspruch der im Rechtsstreit obsiegenden Partei entsteht nach höchstrichterlicher Rspr. bereits mit der Begründung des Prozessrechtsverhältnisses aufschiebend bedingt; auf den jeweiligen Entstehungszeitpunkt der angefallenen Gebühren kommt es nicht an (vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.2005 – IX ZB 247/03, MDR 2005, 952 m. w. Nachw.). Der Mahnbescheid vom 7.6.2006 ist dem Beklagten am 19.6.2006, der Vollstreckungsbescheid vom 31.8.2006 am 21.9.2006 zugestellt worden. Sein Einspruch ist am 5.10.2006 bei Gericht eingegangen. Rechtshängigkeit tritt im Mahnverfahren spätestens mit Erlass des Vollstreckungsbescheides ein (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO 29. Aufl. 2012, § 700 Rn 1). Das wäre hier deshalb der 31.8.2006. Der Kostenerstattungsanspruch des letztlich siegreichen Klägers entstand deshalb schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
b) Dennoch besteht für die Kostenfestsetzung ein Rechtsschutzbedürfnis.
Auch im Kostenfestsetzungs...