GKG § 68 RVG § 33 Abs. 2
Leitsatz
Einer eigenen Streitwertbeschwerde einer Prozesspartei mit dem Ziel einer Erhöhung des Streitwerts fehlt ausnahmsweise nicht das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Partei eine Vergütungsvereinbarung geschlossen hat, nach der sie an ihren Bevollmächtigten mehr zahlen muss, als der kostenpflichtige Gegner aufgrund der angefochtenen Streitwertfestsetzung zu erstatten hätte; dagegen dürfte in einem derartigen Fall eine eigene Streitwertbeschwerde des Bevollmächtigten gem. § 33 Abs. 2 RVG unzulässig sein.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.5.2012 – 1 W 26/12
1 Aus den Gründen
Die ausdrücklich im Namen des Antragstellers als des Mandanten eingelegte Beschwerde mit dem Ziel einer Heraufsetzung des Streitwerts ist zulässig, insbesondere ist hier ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Beschwerde zu bejahen.
Grundsätzlich kann zwar einer Partei nicht daran gelegen sein, dass der Streitwert höher festgesetzt wird; denn dadurch wird sie mit höheren Kosten belastet. Durch eine zu niedrige Festsetzung des Streitwerts ist in der Regel allein der Prozessbevollmächtigte des Verfahrensbeteiligten belastet, der in einem solchen Fall aus eigenem Recht die Beschwerde nach § 32 Abs. 2 RVG einlegen kann. Etwas anderes hat aber zu gelten, wenn die Prozesspartei mit ihrem Bevollmächtigten eine Honorarvereinbarung geschlossen hat, deren Wert den zunächst festgesetzten Streitwert übersteigt. Dann erscheint zweifelhaft, ob der Bevollmächtigte aus eigenem Recht eine Überprüfung der Streitwertfestsetzung herbeiführen kann. Denn für eine solche Streitwertbeschwerde dürfte ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da er ein – seiner Vorstellung von zutreffender höherer Streitwertfestsetzung entsprechendes – höheres Honorar aufgrund der Honorarvereinbarung mit seinem Mandanten erhält (a.A. mit eher theoretischen Erwägungen für die Möglichkeit eines Streits über eine überhöhte Honorarvereinbarung BFH, Beschl. v. 1.7.1975, NJW 1976, 208 sowie Hartmann, KostG, 42. Aufl. 2012, § 68 Rn 7 Honorarvereinbarung). Beschwert ist dagegen der Mandant: Durch eine zu niedrige Streitwertfestsetzung erhält er eine zu geringe Kostenerstattung durch die kostenpflichtige Gegenseite; dies führt zu einer Erhöhung des Anteils der eigenen Zahlungsverpflichtung aus der Honorarvereinbarung. Im Falle einer derartigen Honorarvereinbarung ist daher ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Streitwertbeschwerde des Mandanten zu bejahen (im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.6.2005, MDR 2006, 297 [= AGS 2006, 188]; OLG Frankfurt, 6. Zivilsenat, Beschl. v. 13.8.2009 – 6 W 182/08 [= AGKompakt 2010, 26]; OVG Bautzen, Beschl. v. 1.3.2006, NVwZ-RR 2006, 654; OVG Saarlouis, Beschl. v. 12.7.2007, NJW 2008, 312; OVG Lüneburg, Beschl. v. 24.5.2011 – 10 OA 32/11).
Soweit gegen eine solche Auffassung eingewandt wird, die bloße Aussicht, ein freiwillig an den eigenen Bevollmächtigten gezahltes Honorar über eine höhere Kostenerstattung stärker von einem solventen Gegner refinanzieren zu lassen, begründe noch kein schutzwürdiges Interesse an einer möglichst hohen Streitwertfestsetzung (OLG Köln, Beschl. v. 18.10.2011, MDR 2012, 185), folgt dem der Senat nicht. Denn Bezugspunkt für das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses des Mandanten ist nicht eine möglichst hohe Streitwertfestsetzung, sondern eine sachlich zutreffende; ob seine Vorstellung, wie hoch der Streitwert festzusetzen sei, sachlich zutreffend ist, ist eine Frage der Begründetheit der Streitwertbeschwerde. Zwar wird weiter eingewandt, bei Zulassung einer Streitwertbeschwerde der Partei könne diese das erhöhte Honorar auf den Gegner abwälzen, der sich bereits auf einen endgültig festgesetzten Kostenstreitwert eingerichtet habe und nicht mit einer Streitwerterhöhung nur deshalb rechnen müsse, weil sein Gegner einen teureren Anwalt beschäftigt habe (so Hartmann, a.a.O.). Auch diese Erwägung überzeugt aber nicht. Denn zum einen muss ein Verfahrensbeteiligter bis zur Rechtskraft der Streitwertfestsetzung mit einer Abänderung im Beschwerdeverfahren oder von Amts wegen rechnen (OVG Saarlouis a.a.O.; OVG Lüneburg a.a.O.). Zum anderen geht es nicht um die Möglichkeit zur Überwälzung höherer Kosten aus einer Honorarvereinbarung, sondern um die rechtliche Möglichkeit, eine sachlich angemessene Festsetzung des Streitwerts herbeizuführen. Der kostenpflichtige Gegner ist nicht schutzwürdig dahingehend, dass die von ihm zu tragenden Kosten nach einem zu niedrigen Streitwert berechnet werden; wird der Streitwert sachlich angemessen festgesetzt – wie ausgeführt: eine Frage der Begründetheit der Streitwertbeschwerde -, ist der Kostengegner hierdurch gegen die Überwälzung darüber hinausgehender Kosten aus einer Honorarvereinbarung geschützt.
Eine solche Honorarvereinbarung mit einem Wert, der über die auf Grundlage der bisherigen Streitwertfestsetzung vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten hinausgeht, ist hier unstreitig zwischen dem Antragsteller und seinem Verfahrensbevollmächtigten geschlossen worden.
2. Die Streitwertbeschwerde ist aber nur...