ZPO § 91 Abs. 1 GKG-KostVerz. Nr. 9003
Leitsatz
Der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlich aufgewandter Anwaltskosten zur Regulierung eines Verkehrsunfallschadens umfasst auch die vom Anwalt verauslagten Kosten für eine Aktenversendung zur Einsicht in die zugrunde liegenden Bußgeld- oder Strafakten.
AG Hamburg-St. Georg, Urt. v. 5.11.2013 – 914 C 69/13
1 Sachverhalt
Die Anwälte waren mit der außergerichtlichen Regulierung eines Verkehrsunfallschadens beauftragt. Zu diesem Zwecke hatten sie Einsicht in die zugrunde liegenden Bußgeldverfahren genommen und hierfür 12,00 EUR Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz verauslagt.
Nach Abschluss der Regulierung rechneten die Anwälte mit ihrem Mandanten ab, darunter auch die von ihm vorgelegte Aktenversendungspauschale zuzüglich Umsatzsteuer.
Der gegnerische Haftpflichtversicherer weigerte sich, die Aktenversendungspauschale zu übernehmen, da die Akteneinsicht nicht notwendig gewesen sei.
Daraufhin hatten sich die Anwälte den Schadenersatzanspruch hinsichtlich der Position Aktenversendungspauschale abtreten lassen und eingeklagt.
Die Klage hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Anwältin hat einen Anspruch auf Schadenersatz hinsichtlich der restlichen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 14,28 EUR gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht gem. §§ 7, 17, 18 StVG, 823, 398 BGB, 115 VVG.
Unstreitig haftet die Beklagte dem Grunde nach für die durch den Verkehrsunfall verursachten Schäden.
Gem. § 249 ff. BGB sind die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten zu begleichen. Dazu gehören auch die bei der Verfolgung des Rechtsanspruches gegenüber dem Unfallversicherer bzw. dessen Haftpflichtversicherung entstehenden Rechtsanwaltskosten. Denn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist in Verkehrsunfallsachen regelmäßig erforderlich, jedenfalls sofern der Geschädigte – wie hier – nicht selbst über Spezialkenntnisse hinsichtlich der Haftungsverteilung und der einzelnen Schadenspositionen, die beansprucht werden können, verfügt.
Zu den erforderlichen Kosten der Rechtsverfolgung gehören dabei in Verkehrsunfallsachen regelmäßig auch die Kosten, die durch das Anfordern der Bußgeldakte entstehen. Denn die rechtliche Bewertung des Gesamtgeschehens durch den Rechtsanwalt, die für die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche erforderlich ist, setzt die Einsichtnahme in die Bußgeldakte standardmäßig voraus. Dies gilt selbst dann, wenn die Schuldfrage zwischen den Unfallbeteiligten unmittelbar nach dem Unfall grundsätzlich zunächst unstreitig ist. Denn die Erfahrung mit Verkehrsunfällen in der Praxis zeigt, dass dies dennoch nicht zwangsläufig zu einer sofortigen Regulierung der Schäden in voller Höhe durch den Haftpflichtversicherer des Schädigers führt, zumal die Unfallbeteiligten in aller Regel die Rechtsprechung zu den Haftungsquoten und einem etwaigen Mitverschulden bzw. einer Mitverursachung nicht kennen.
Für die Akteneinsicht ist unstreitig eine Gebühr in Höhe von 12,00 EUR angefallen. Der Rechtsanwalt soll auch hinsichtlich dieser Kosten die Umsatzsteuer erheben, wie vorliegend geschehen. Der Geschädigten stand daher insoweit für die Akteneinsicht durch die Klägerin ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 14,28 EUR gegen die Beklagte zu. Diesen Anspruch hat die Geschädigte wirksam an die Klägerin abgetreten, § 398 BGB.
3 Anmerkung
Zur Umsatzsteuerpflicht bei Weiterberechnung der Aktenversendungspauschale siehe BGH.
Norbert Schneider
AGS 1/2014, S. 52