Das OLG hat richtig entschieden und seine Entscheidung überzeugend begründet.
Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, oder haben Eheleute gemeinsam oder allein einen Mietvertrag über die Ehewohnung abgeschlossen und hat ein Ehegatte die gemeinsame Ehewohnung verlassen, so kann er für die Überlassung von dem nutzungsberechtigten Ehegatten eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Bei der Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Nutzungsentschädigung sind zu unterscheiden:
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§ 1361b Abs. 3 S. 2 BGB, der eine eine Nutzungsentschädigung für die Überlassung der Ehewohnung in der Trennungszeit bestimmt, und |
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§ 745 Abs. 2 BGB, der eine Nutzungsentschädigung kraft Miteigentumsgemeinschaft regelt. |
Eine sich aus familienrechtlichen Bestimmungen ergebende Anspruchsgrundlage, die eine Nutzungsentschädigung beginnend ab Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses erfasst, existiert nicht. Insbesondere enthält § 1568a BGB keine § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB vergleichbare Regelung.
Ist einer der Ehegatten freiwillig aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen, so ist aus nicht nachvollziehbaren Gründen auch für die Zeit der Trennung streitig, welche Anspruchsgrundlage heranzuziehen ist. Überwiegend stellt die Rspr. für die Zeit der Trennung aber richtigerweise auf § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB ab. Der Wortlaut des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB trifft keine Unterscheidung dahingehend, ob die Nutzungsentschädigung auch bei freiwilligem Auszug oder etwa nur bei einer gerichtlichen "Verweisung" aus der Ehewohnung zu zahlen ist. Es gibt deshalb auch keine die Gegenauffassung tragende Argumentation dafür, dass § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB etwa nur einschlägig sein soll, wenn ein freiwilliger Auszug eines Ehegatten erfolgt ist. § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB geht ausdrücklich davon aus, dass die Ehewohnung an den anderen Ehegatten überlassen worden ist, und erfasst damit jegliche inneren und tatsächlichen Beweggründe. Der Gesetzgeber bringt mit der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage deshalb gerade zum Ausdruck, dass jeder weichende Ehegatte, gleich ob freiwillig oder Kraft richterlichen Beschlusses, unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht rechtlos gestellt sein darf und Nutzungsentschädigung erhalten kann. Der Verfahrenswert für die Zeit der Trennung ist dann auch stets nach § 48 Abs. 1 FamGKG zu bemessen, weil es sich ausdrücklich um eine Ehewohnungssache nach § 200 Abs. 1 FamFG handelt.
Die Gegenauffassung hat sich offenbar nie von dem Gesetzeswortlaut gelöst, den § 1361b Abs. 2 BGB in dem Zeitraum vom 1.4.1986 bis zum 31.12.2001 gehabt hat. Danach lautete die Vorschrift wie folgt: "Ist ein Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung zu überlassen, so kann er vom anderen Ehegatten eine Vergütung für die Benutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht." Auf der Grundlage dieser Formulierung kann jedenfalls nachvollzogen werden, dass sich überhaupt einmal eine gegenteilige Auffassung herausgebildet hatte. Da der Gesetzeswortlaut in dieser Form allerdings seit über zwölf Jahren mangels Gültigkeit keinerlei Relevanz mehr besitzt, streitet nichts, aber auch gar nichts mehr für eine abweichende Auffassung.
Wird eine Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses verlangt, gibt es in § 1568a BGB allerdings keine Anspruchsgrundlage für die Zahlung einer Nutzungsentschädigung. Die Anspruchsgrundlage kann sich dann nur aus § 745 Abs. 2 BGB ergeben. Die Vorschrift des § 1361b BGB ist nicht (mehr) anwendbar, weil sie nur die Überlassung für die Zeit des Getrenntlebens der Eheleute erfasst. Dies hat zur Folge, dass in diesem Fall keine Ehewohnungssache Gegenstand des Verfahrens ist, sondern eine sonstige Familienstreitsache nach § 266 FamFG. Eine Bewertung nach § 48 Abs. 1 FamGKG scheidet in diesem Fall aus. Zur Bewertung heranzuziehen sind dann die §§ 35, 42 Abs. 1 FamGKG.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz
AGS 1/2014, S. 31 - 32