ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Wird eine Rechtsanwaltsgesellschaft gemeinsam mit den beruflich zusammengeschlossenen Rechtsanwälten wegen eines anwaltlichen Beratungsfehlers auf Schadensersatz verklagt, kann sie sich im Prozess von einem anderen Anwalt als dem der mitverklagten Rechtsanwälte vertreten lassen und im Falle ihres Obsiegens von ihrem Prozessgegner grundsätzlich die Erstattung der entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen verlangen.
BGH, Beschl. v. 16.5.2013 – IX ZB 152/11
1 Sachverhalt
Die Klägerin nahm eine Haftungsklage gegen die sie bei einem Unternehmenskauf beratenden Rechtsanwälte – die deutsche Niederlassung einer amerikanischen limited liability partnership (LLP; Beklagte zu 1) und die sie beratenden Partner der deutschen Niederlassung (die Beklagten zu 2 bis 4) – und eine Steuerberatergesellschaft (Beklagte zu 5) zurück. Der Streitwert dieses Klageverfahrens betrug 30 Mio. EUR. Die Beklagte zu 1), die Beklagten zu 2 bis 4 gemeinsam und die Beklagte zu 5 hatten sich im Haftungsprozess jeweils durch einen eigenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Durch Beschlüsse v. 9.7.2008 u. v. 3.9.2008 erlegte das LG der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auf.
Der Rechtspfleger des LG hat durch Beschl. v. 24.11.2010 von den beantragten außergerichtlichen Kosten zugunsten der Beklagten zu 1) gegen die Klägerin 228.760,00 EUR (1,3 Verfahrensgebühr; 1,2-Terminsgebühr; Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 RVG VV) nebst Zinsen festgesetzt. Die Festsetzung weiter geltend gemachter Auslagen i.H.v. 233.327,03 EUR hat er abgelehnt. Hiergegen haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1) form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Das OLG hat – nach Übertragung der Sache auf den Senat – durch Beschl. v. 8.3.2011 beide Beschwerden zurückgewiesen und hinsichtlich der Entscheidung über die sofortige Beschwerde der Klägerin die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde will die Klägerin erreichen, dass ihr gegenüber nur Kosten zugunsten der Beklagten zu 1 i.H.v. 77.776,60 EUR festgesetzt werden. Sie meint, die Beklagten zu 1) bis 4) müssten sich kostenrechtlich so behandeln lassen, als hätten sie nur einen Anwalt mit ihrer Vertretung beauftragt.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 575 ZPO), sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Das OLG hat ausgeführt: Ein Verstoß der Beklagten zu 1 gegen das Gebot der Kostengeringhaltung sei nicht ersichtlich. Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, den Beklagten zu 1) bis 4) habe es wegen einer gleichgelagerten Interessenlage unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten oblegen, für eine gemeinsame Prozessvertretung Sorge zu tragen, fehle es jedenfalls an einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Beklagten zu 1. Denn es wäre nicht ihre Aufgabe gewesen, sich mit den Beklagten zu 2) bis 4) auf einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu einigen. Vielmehr sei sie befugt gewesen, einen die gemeinsame Vertretung übernehmenden Rechtsanwalt auszuwählen. Nach der Rspr. des BGH (Beschl. v. 2.5.2007 – XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257 [= AGS 2007, 541]) obliege es den einen Prozess als Streitgenossen führenden Mitgliedern einer Rechtsanwaltsgesellschaft bürgerlichen Rechts im Falle einer entsprechenden Interessenlage, die Gesellschaft zu mandatieren. Nichts anderes könne gelten, wenn die Rechtsanwaltsgesellschaft eine LLP sei. In diesem Fall sei der Gesellschaft aus kostenrechtlicher Sicht die Entscheidung über die gemeinsame Prozessvertretung zu überlassen. Dass die Beklagte zu 1 sich durch einen externen Rechtsanwalt habe vertreten lassen, sei kostenrechtlich ohne Belang.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Wenn die Beklagten zu 1) bis 4) aus kostenrechtlichen Gründen wegen gleichgelagerter Interessen gemeinsam einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung im Haftungsprozess hätten beauftragen müssen, wie das OLG in der angefochtenen Entscheidung – anders als dies die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint – offengelassen hat, kann ein in der Beauftragung eines weiteren Rechtsanwalts liegendes rechtsmissbräuchliches Handeln der Beklagten zu 1) entgegen der angefochtenen Entscheidung nicht unter Hinweis auf den zitierten Beschluss des BGH v. 2.5.2007 (a.a.O.) verneint werden. Dort ist nicht angenommen worden, dass die Anwaltsgesellschaft den Prozessbevollmächtigten auch für die Gesellschafter bestimmen kann, wenn sie gemeinsam verklagt werden, sondern vielmehr wird den Gesellschaftern einer Anwaltssozietät nahegelegt, wie üblich die Sozietät zu mandatieren und nicht eines ihrer Mitglieder; dann würde keiner der Sozien bevorteilt oder benachteiligt.
Entschieden ist allerdings, dass regelmäßig nur der Kfz-Haftpflichtversicherer, nicht aber der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten hat, wenn Versicherer und Versicherungsnehmer im Verkehrsunfallprozess jeweils einen Prozessbevollmächtigten beauftragen. Die Mehrkosten, die durch die Beauftragung ein...