Leitsatz
Die Aufrechnung der erstattungspflichtigen Partei als materiell-rechtlicher Einwand kann im Kostenfestsetzungsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn über den Bestand der Gegenforderung und die Aufrechnungslage kein Streit besteht. Ein solcher Fall ist nicht gegeben, wenn sich die erstattungsberechtigte Partei gegenüber der Aufrechnungsforderung auf die Dürftigkeit des Nachlasses berufen kann.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 13.5.2015 – 6 W 36/15
1 Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Berücksichtigung einer Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren.
Die Rechtspflegerin des LG hat die aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Anerkenntnisurteils des LG die von dem Kläger an das beklagte Land zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 5.253,85 EUR nebst Zinsen festgesetzt.
Der Kläger wendet sich dagegen mit seiner sofortigen Beschwerde und stützt diese darauf, dass er mit dem LG übermittelten Schriftsätzen die Aufrechnung mit rechtskräftig titulierten Zahlungsansprüchen aus dem Versäumnisurteil des LG i.H.v. 8.414,50 EUR sowie aus dem Anerkenntnisurteil des LG i.H.v. 13.950,00 EUR gegen das beklagte Land als Erben des verstorbenen M. P. erklärt habe.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nur ausnahmsweise zulässig sei, wenn die Forderung mit der aufgerechnet werden soll, unstreitig oder rechtskräftig festgestellt worden sei. In Anbetracht dessen, dass das beklagte Land bezüglich der Zahlungsansprüche aus dem Anerkenntnisurteil die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben habe, stehe vorliegend nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass die erklärte Aufrechnung mit dem Kostenerstattungsanspruch zulässig sei.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zu Recht die von dem Kläger erklärte Aufrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht berücksichtigt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des LG in dem angefochtenen Beschluss sowie dem Beschluss über die Nichtabhilfe verwiesen und Bezug genommen.
Wie auch bereits das LG ausgeführt hat, sind materiell-rechtliche Einwendungen – wie hier die Aufrechnung des Klägers – grundsätzlich außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens geltend zu machen (vgl. BGH NJW 2014, 2287). Denn dieses Verfahren, das mit dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses endet, ist eine Umsetzung der zwischen den Parteien ergangenen Kostengrundentscheidung; es hat allein die Frage zum Gegenstand, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Deshalb ist das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grund auf den Rechtspfleger übertragen. Die Klärung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen und von komplizierteren Rechtsfragen ist in diesem Verfahren nicht vorgesehen und mangels der dafür notwendigen verfahrensrechtlichen Instrumente auch nicht sinnvoll möglich (vgl. BGH NJW 2014, 2287 m.w.N. [= AGS 2014, 296]). Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch sind daher grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; vielmehr sind diese vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (vgl. BGH NJW 2014, 2287 m.w.N. [= AGS 2014, 296]).
Allerdings kann es aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, den Kostenerstattungsschuldner nicht auf die – einen ungleich höheren Aufwand erfordernde – Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, wenn es um materiell-rechtliche Einwendungen geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Weiteres klären lassen. Das kann etwa der Fall sein, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder vom Rechtspfleger im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können. Solche Einwendungen können deshalb ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden (vgl. BGH NJW 2014, 2287 m.w.N. [= AGS 2014, 296]).
Danach kann eine Aufrechnung als materiell-rechtliche Einwendung dann berücksichtigt werden, wenn über den Bestand und die Höhe der Gegenforderung und die Aufrechnungslage kein Streit besteht (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., 2015, § 104 Rn 9 m.w.N. zur mittlerweile gefestigten Rspr.). Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, trifft der Rechtspfleger mit der Berücksichtigung keine "echte” Entscheidung über die Gegenforderung (vgl. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., 2015, § 104 Rn 9)."
Vorliegend hat der Kläger zwar rechtskräftig festgestellte Zahlungsansprüche gegen das beklagte Land als Erbe des verstorbenen M. P. Fraglich ist indes, ob bezüglich dieser Ansprüche eine Aufrechnungslage gegeben ist, d.h. die materiell-rechtliche Einwendung d...