Die Beschwerde ist begründet.

Die Parteien haben mit der in Nr. 1a) des gerichtlich festgestellten Vergleichs getroffenen Aufhebungsvereinbarung eine Unsicherheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses beigelegt, was zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts in Höhe des Vierteljahresverdienstes der Klägerin führt.

1. Die anwaltliche Einigungsgebühr entsteht für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht (Nr. 1000 Abs. 1 VV). In den Wert eines Vergleichs sind daher die Werte aller rechtshängigen oder nichtrechtshängigen Ansprüche einzubeziehen, die zwischen den Parteien streitig oder ungewiss waren und die mit dem Vergleich geregelt wurden. Wird durch den Vergleich eine bereits bestehende Ungewissheit über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses als solches beigelegt, so führt auch dies zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts. Demgegenüber ist die bloße Begründung einer Leistungspflicht in dem Vergleich für den Vergleichsmehrwert ohne Bedeutung; denn es kommt für die Wertfestsetzung darauf an, worüber – und nicht worauf – die Parteien sich geeinigt haben. Auch genügt es für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes nicht, dass durch den Vergleich ein Streit vermieden wurde (LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 4.4.2013 – 17 Ta (Kost) 6035/13). Ein Titulierungsinteresse kann nur dann berücksichtigt werden, wenn der geregelte Anspruch zwar unstreitig und gewiss, seine Durchsetzung aber ungewiss war. Dies entspricht den Empfehlungen der Streitwertkommission für die Arbeitsgerichtsbarkeit v. 9.7.2014 (NZA 2014, 745), an denen sich die Beschwerdekammer im Interesse einer einheitlichen Wertfestsetzung orientiert.

2. Das ArbG hat es auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens der Beschwerdeführer zu Recht abgelehnt, für die Aufhebungsvereinbarung in Nr. 1a) des gerichtlich festgestellten Vergleichs einen Vergleichsmehrwert festzusetzen. Denn danach konnte nicht festgestellt werden, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses vor Abschluss des Vergleichs ungewiss war. Die Beschwerdeführer haben jedoch in der Beschwerdeinstanz in nach § 571 Abs. 2 ZPO zulässiger Weise neue Umstände vorgetragen, aus denen sich eine Ungewissheit der Klägerin über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses vor Vergleichsschluss ergibt. Danach hatte die Beklagte die Klägerin nicht nur versetzt, sondern unmittelbar nach Eintritt der Krankheit die Rückgabe des Firmenhandys gefordert, ihren E-Mail-Account gesperrt und – anders als bei vergangenen Erkrankungen – die Rückgabe des Dienstfahrzeugs gefordert; die Beklagte hatte zudem zuvor das Arbeitsverhältnis des Ehemannes der Klägerin beendet und mit ihm einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit einem Wettbewerbsverbot geführt. Die Klägerin ist diesem Vortrag ihrer Prozessbevollmächtigten nicht entgegengetreten, so dass er der Beschwerdeentscheidung zugrunde gelegt werden kann. Er rechtfertigt den Schluss, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin zunächst ungewiss war und diese Unsicherheit durch den Vergleich beseitigt wurde.

Die Klägerin erhielt zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 6.628,01 EUR (Gehalt zuzüglich des Werts der Dienstwagennutzung, der vermögenswirksamen Leistungen und des pauschalierten Fahrgelds), was ein Vierteljahresentgelt in Höhe von 19.884,03 EUR ergibt.

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