Leitsatz
- Wird eine zugunsten des Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung aufgrund einer Klagerücknahme wirkungslos, so ist der Anspruch auf Kostenerstattung gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO dennoch vom Zeitpunkt des Eingangs eines auf der Grundlage der ersten Entscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrags an zu verzinsen, soweit gem. § 269 Abs. 4 ZPO eine inhaltsgleiche Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten ergangen ist.
- Wird eine Kostengrundentscheidung aufgehoben oder zu Ungunsten des Gläubigers abgeändert, zu einem späteren Zeitpunkt aber wiederhergestellt, so ist eine Verzinsung des Anspruchs auf Kostenerstattung gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO frühestens von dem Zeitpunkt an möglich, in dem die wiederherstellende Entscheidung verkündet worden ist.
BGH, Beschl. v. 22.9.2015 – X ZB 2/15
1 Sachverhalt
Die Klägerin hat die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Beklagte hat einen Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt, der am 7.5.2007 bei Gericht eingegangen ist. Das LG hat die Bearbeitung dieses Antrags zurückgestellt. Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihr die Kosten beider Instanzen auferlegt. Vor der Entscheidung über die von der Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist das Klagepatent rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Die Klägerin hat daraufhin mit Zustimmung der Beklagten die Klage zurückgenommen. Der Senat hat mit Beschl. v. 18.3.2014 antragsgemäß festgestellt, dass die bereits ergangenen Urteile wirkungslos sind, und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit einem am 25.6.2014 beim LG eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte erneut Kostenfestsetzung beantragt. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten hat sie Verzinsung ab dem 7.5.2007 begehrt. Das LG hat die Kosten im Wesentlichen antragsgemäß festgesetzt. Zinsen hat es der Beklagten jedoch nur für den Zeitraum ab 25.6.2014 zugesprochen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihr Zinsbegehren für den Zeitraum vom 7.5.2007 bis 24.6.2014 weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
I. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ein Kostenfestsetzungsbeschluss fülle lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrages aus. Er verliere deshalb in dem Umfang seine Wirkung, in dem die Kostengrundentscheidung aufgehoben oder abgeändert werde. Entsprechendes gelte für einen Kostenfestsetzungsantrag. Im Streitfall seien die ergangenen Urteile durch die Klagerücknahme wirkungslos geworden. Die erstinstanzliche Kostenregelung sei durch den Beschluss des BGH nach § 269 Abs. 4 ZPO ersetzt worden. Deshalb sei für den Beginn der Verzinsung der Eingang des auf diesen Beschluss gestützten Antrags maßgeblich.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist eine Verzinsung ab dem Zeitpunkt des ersten Kostenfestsetzungsantrags allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die erstinstanzliche Kostenentscheidung in der Revisionsinstanz durch einen Beschluss gem. § 269 Abs. 4 S. 1 und Abs. 3 S. 2 ZPO ersetzt worden ist.
a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass dem Gläubiger in einem Kostenfestsetzungsbeschluss Zinsen auf die festgesetzten Kosten frühestens von dem Zeitpunkt an zugesprochen werden können, in dem die Kostengrundentscheidung, auf der die Festsetzung beruht, vollstreckbar war.
Nach § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO sind dem Gläubiger in einem Kostenfestsetzungsbeschluss auf Antrag Zinsen auf die festgesetzten Kosten zuzusprechen. Der Verzinsungszeitraum beginnt grundsätzlich mit dem Eingang des Festsetzungsantrags. Wenn der Festsetzungsbeschluss gem. § 105 Abs. 1 ZPO auf das Urteil gesetzt wird und der Gläubiger gem. § 105 Abs. 3 ZPO die Berechnung der Kosten bereits vor der Verkündung des Urteils mitgeteilt hat, ist stattdessen der Zeitpunkt maßgeblich, in dem das Urteil verkündet wurde.
Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten gem. § 103 Abs. 1 ZPO nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden kann. Erforderlich ist dafür eine Kostengrundentscheidung, die zumindest vorläufig vollstreckbar ist (BGH, Urt. v. 8.1.1976 – III ZR 146/73, MDR 1976, 475, juris Rn 22 ff.; Urt. v. 18.10.2013 – VII ZR 241/12, NJW 2013, 2975 Rn 10 [= AGS 2014, 148]). Zinsen stehen dem Gläubiger deshalb frühestens von dem Zeitpunkt an zu, in dem eine solche Entscheidung vorliegt (BFH, Beschl. v. 3.12.1974 – VII B 84/73, BFHE 114, 326, juris Rn 9; OLG Koblenz, Urt. v. 22.9.2011 – 14 W 545/11, MDR 2012, 51, juris Rn 7 [= AGS 2012, 198]; KG, Beschl. v. 2.2.1967 – 1 W 3122/66, NJW 1967, 15...