Leitsatz
Die Voraussetzungen für einen Gebührenanspruch nach Nrn. 2504 ff. VV werden durch das Anbieten eines sog. "Fast-Nullplans" regelmäßig erfüllt, da ein solcher überwiegend nicht als perspektivlos i.S.d. Rspr. des Senats (Beschl. v. 28.1.2014 – 8 W 35/14, ZinsO 2015, 206 und ZVI 2015, 54) anzusehen sein wird.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.9.2016 – 8 W 291/16
1 Sachverhalt
Im Streit ist die Höhe der Vergütung der Antragsteller wegen ihrer Tätigkeit für die von ihnen Vertretene, der Beratungshilfe bewilligt worden war für die Angelegenheit "Außergerichtliche Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans gem. § 305 InsO". Erstellt wurde ein sogenannter "Fast-Nullplan", mit dem trotz eines unter der Pfändungsfreigrenze liegenden Arbeitseinkommens der Vertretenen über einen Zeitraum von 6 Jahren monatlich eine Schuldentilgung von 50,00 EUR angeboten wurde bei einer gesamten Schuldenlast von 49.940,86 EUR, woraus sich eine Tilgungsquote von 7,21 % errechnete. Die Vertretene ist ausweislich des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens v. 21.4.2015 am 29.9.1987 geboren und als Teilzeitfachkraft tätig bei "Burger King". In dem Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten an die Gläubiger zum Zwecke des Versuchs einer außergerichtlichen Schuldenregulierung hat sie mitgeteilt, dass von ihr höhere Beträge gezahlt werden können, sofern sich ihre Einkommensverhältnisse innerhalb der genannten 6 Jahre ändern, und dass sie insoweit bereits auf der Suche nach einer besser bezahlten Arbeitsstelle sei.
Die Antragsteller haben die Festsetzung ihrer Vergütung nach Nr. 2505 VV (7 Gläubiger) i.H.v. 405,00 EUR zuzüglich Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV von 20,00 EUR und Umsatzsteuer nach 7008 VV von 80,75 EUR, insgesamt 505,75 EUR, geltend gemacht. Festgesetzt wurden dagegen von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG lediglich eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV von 85,00 EUR, die Auslagenpauschale von 17,00 EUR und Umsatzsteuer von 19,38 EUR, insgesamt 121,38 EUR.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Antragsteller wurde nach Anhörung der Bezirksrevisorin und Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin mit Beschluss des Direktors des AG als unbegründet zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsteller wurde infolge der Nichtabhilfe durch das AG und nach erneuter Anhörung der Bezirksrevisorin die angefochtene Entscheidung des AG durch das LG dahingehend abgeändert, dass die an die Antragsteller zu zahlende Vergütung auf 505,75 EUR festgesetzt wurde. Zugleich wurde die weitere Beschwerde zugelassen, die von der Bezirksrevisorin eingelegt wurde.
2 Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde ist statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und damit zulässig (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6, Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 4 RVG).
In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.
Zu Recht ist das LG zu dem Ergebnis gelangt, dass die Antragsteller vorliegend die Tätigkeitsgebühr nach Nr. 2505 VV verdient haben.
Es wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und äußerst sorgfältigen Ausführungen in dem angefochtenen Beschl. v. 22.8.2016 verwiesen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt.
Soweit sich die Bezirksrevisorin insbesondere auf die Senatsentscheidung v. 28.1.2014 – 8 W 35/14, veröff. in ZInsO 2015, 206, und in ZVI 2015, 54, beruft, ist die dortige Fallkonstellation mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbar.
Es handelte sich dort um einen so genannten "flexiblen Nullplan", mit dem den Gläubigern mitgeteilt wurde, dass der Schuldner eine nicht pfändbare Rente wegen Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 658,29 EUR erhält und auch sonst kein pfändbares Vermögen vorhanden ist, so dass die übernommene Verpflichtung, für die ersten zwei Jahre an den Gläubiger Z. 10 und in den folgenden vier Jahren den übrigen Gläubigern den pfändbaren Betrag nach § 850c ZPO zu bezahlen, ins Leere ging – wie auch das zugesagte Bemühen um eine zumutbare angemessene Erwerbstätigkeit bei Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung. Ein "flexibler Nullplan" dieser Art, der von vornherein aus Gläubigersicht ebenso perspektivlos ist wie ein "starrer Nullplan", mit dem den Gläubigern mitgeteilt wird: "Ich zahle jetzt und auch in Zukunft nichts", wurde in der genannten Senatsentscheidung einem solchen gleichgesetzt mit dem Ergebnis, dass dieser den Anforderungen der Nrn. 2504 ff. VV nicht genügt, nämlich der Entfaltung einer Tätigkeit mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans (OLG Stuttgart/Senat ZInsO 2015, 206 m.w.N.; anders bereits die nicht veröffentliche Entscheidung des Senats v. 4.4.2016 – 8 W 38/14 bezüglich eines "flexiblen Nullplans" mit noch relevanter Perspektive aus Gläubigersicht).
Vorliegend handelt es sich um einen "Fast-Nullplan" (BGH NJW-RR 2014, 118), mit dem von einer jungen erwerbstätigen Schuldnerin trotz eines Einkommens unterhalb der Pfändungsfreigrenze eine monatliche Schuldentilgung von 50,00 EUR für einen Zeitraum von 6 Jahren angeboten wurde und zugleich eine höher...