Die Verzugspauschale dient nach Erwägungsgrund 19 der ZVRL 2011 dazu, die internen Beitreibungskosten des Gläubigers, in denen etwaige Verwaltungskosten enthalten sind, abzugelten. Damit fußt die Pauschale auf dem Gedanken einer Kompensation, die dem Gläubiger für die entstandenen Unannehmlichkeiten zustehen soll. Überdies handelt es sich bei der Pauschale um ein Druckmittel mit einer präventiven Wirkung, da sie verhaltensregulierend auf den Schuldner einwirkt, indem ihm mit der Verzugspauschale ein Rechtsnachteil auferlegt wird, wenn er in Zahlungsverzug gerät.
Darüber hinaus wird dem Gläubiger die Geltendmachung seiner verzugsbedingten Kosten erleichtert, weil der Anspruch auf Zahlung der Verzugspauschale unabhängig davon eingeräumt wird, ob tatsächlich derartige Kosten entstanden sind; für den Gläubiger entfällt mithin die Notwendigkeit, etwaige Kosten nachzuweisen. Insofern steht die Pauschale im Widerspruch zu wesentlichen Prinzipien des Schadensersatzrechts der §§ 249 ff. BGB, etwa zum Bereicherungsverbot gem. § 255 BGB oder zum Grundsatz der Vorteilsausgleichung. Indes ist eine etwaige mit der Verzugspauschale einhergehende Überkompensation der Schäden des Gläubigers vom europäischen Gesetzgeber durchaus gewollt, weil so vor einer Überschreitung der Zahlungsfristen wirksam abgeschreckt werden soll. Als Mitgliedstaat der EU ist die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich ohne Rücksicht darauf zur Umsetzung von EU-Richtlinien verpflichtet, ob diese mit bisherigen innerstaatlichen Rechtsprinzipien vereinbar sind.
Aufgrund der Besonderheit, dass die Verzugspauschale unabhängig davon gewährt wird, ob dem Gläubiger tatsächlich Kosten entstanden sind, ist umstritten, ob die Pauschale dogmatisch als Entschädigung oder als Strafschadensersatz nach angelsächsischem Vorbild einzuordnen ist, der dem traditionellen deutschen Zivilrecht fremd ist. Im Ergebnis ist die Einordnung der Verzugspauschale als Entschädigung vorzugswürdig, auch wenn die amtliche Überschrift zu § 288 BGB ("Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden") den Schluss nahe legt, es handele sich um Schadensersatz. Die in Art. 6 Abs. 3 S. 1 ZVRL 2011 vorgenommene sprachliche Abgrenzung zwischen dem "Pauschalbetrag" und dem übrigen "Ersatz" aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners bedingten Beitreibungskosten spricht gegen eine dogmatische Einordnung als Schadensersatz. Nicht zuletzt bestimmt Art. 6 Abs. 2 ZVRL 2011 ausdrücklich, dass der Pauschalbetrag als "Entschädigung" für die Beitreibungskosten des Gläubigers zu zahlen ist.
Die hier befürwortete Einordnung nimmt auch der deutsche Gesetzgeber vor, wenn er die Pauschale in § 288 Abs. 5 S. 3 BGB sprachlich von einem "geschuldeten Schadensersatz" abgrenzt. Zudem bestimmt sich der Unterschied zwischen einem Schadensersatz und einer Entschädigung primär danach, ob tatsächliche oder sog. kalkulatorische Kosten entstanden sind. Während eine Entschädigung auf kalkulatorischen Kosten basiert, wird die Höhe des Schadensersatzes nach den sich aus der Differenz zweier Vermögenslagen ergebenden tatsächlichen Kosten berechnet. Weil die Verzugspauschale aber gerade ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Kosten gewährt wird, ist die dogmatische Einordnung der Pauschale als Strafschadensersatz abzulehnen.