a) Verzug
Der Anspruch des Gläubigers auf Zahlung des Pauschalbetrags entsteht sofort mit Eintritt des Schuldnerverzugs gem. § 286 BGB. Auch für die Pauschale nach § 288 Abs. 5 S. 1 BGB gilt § 286 Abs. 4 BGB; der Schuldner gerät also nicht in Verzug und schuldet mithin nicht die Verzugspauschale, wenn er nachweist, dass er die Nichtzahlung nicht zu vertreten hat.
Nach § 286 Abs. 1 S. 1 BGB kommt der Schuldner grundsätzlich erst in Verzug, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, nicht leistet. Zwar gibt Art. 6 Abs. 2 ZVRL 2011 vor, dass die Verzugspauschale ohne eine Mahnung zu zahlen ist. Weder § 286 BGB noch § 288 BGB wurde durch eine dieser Vorgabe entsprechende explizite Regelung ergänzt. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch zur ZVRL 2011. Die Richtlinie geht – wie sich aus ihrem Art. 2 Nr. 4 ergibt – von einem dies interpellat pro homine-Grundsatz aus: Zahlungsverzug i.S.d. ZVRL 2011 ist danach jede Zahlung, die nicht innerhalb der vertraglich oder gesetzlich vorgesehenen Zahlungsfrist erfolgt. In den Fällen einer kalendermäßigen Bestimmung des Zahlungszeitpunkts ist eine Mahnung auch nach deutschem Recht gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich. Terminlose Schulden, bei denen der Schuldnerverzug erst mit Erteilung einer Mahnung eintritt, werden dagegen vom Anwendungsbereich der Richtlinie nicht erfasst. Insoweit hat der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der ZVRL 2011 überschießend umgesetzt. Daher stellt es keinen Verstoß gegen die ZVRL 2011 dar, wenn für terminlose Schulden auch im Hinblick auf die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB eine Mahnung erforderlich ist.
b) Persönlicher Anwendungsbereich – keine Verbrauchereigenschaft des Schuldners
Die ZVRL 2011 soll nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers die Zahlungsdisziplin im Geschäftsverkehr verbessern. Der Geschäftsverkehr ist in Art. 2 Nr. 1 ZVRL 2011 legaldefiniert als Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und einer öffentlichen Stelle, die zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Richtlinie auch insoweit überschießend umgesetzt: § 288 Abs. 5 BGB findet auch auf Verbraucher i.S.d. § 13 BGB als Gläubiger Anwendung. Nur dann, wenn der Schuldner Verbraucher ist, gilt § 288 Abs. 5 BGB nicht. Ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung soll mit der Einbeziehung auch solcher Gläubiger, die Verbraucher sind, eine Schlechterstellung der Verbraucher verhindert werden. Eine überschießende Richtlinienumsetzung mit dem Ziel, das Schutzniveau für Verbraucher zu verbessern, ist den Mitgliedstaaten ohne Weiteres gestattet.
c) Entgeltforderung des Gläubigers
Der Begriff der Entgeltforderung wird in § 288 Abs. 5 BGB nicht definiert; inhaltlich ist er aber deckungsgleich mit dem des § 286 Abs. 3 BGB und dem des § 288 Abs. 2 BGB. Für die Entgeltforderung nach § 288 Abs. 2 BGB bedarf es keiner funktionellen synallagmatischen Verknüpfung. Die Forderung muss aber auf die Zahlung einer Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet sein. Insoweit kann mangels Gegenleistung die Pauschale i.S.d. § 288 Abs. 5 BGB nicht erneut auf eine solche Pauschale anfallen, wenn der Schuldner mit ihrer Entrichtung in Verzug gerät. Hierdurch büßt die Pauschale als Druckmittel teilweise an Wirkungskraft ein.
Allerdings ist die Verzugspauschale gem. § 288 Abs. 5 S. 2 BGB für jede einzelne oder zu spät geleistete Raten- oder Abschlagszahlung zu entrichten. Ungeklärt und im Schrifttum umstritten ist die Frage, ob die Pauschale bei einer Mehrheit von Forderungen bzw. Rechnungsbelegen beleg- oder prozessorientiert anfällt. Bei einem belegorientierten Verständnis fällt die Verzugspauschale für jede Rechnung oder jeden sonstigen Beleg über eine Forderung gesondert und neu an mit der Folge, dass bei in unterschiedlichen Belegen ausgewiesenen Forderungen die Pauschale mehrfach entsteht. Dagegen fällt die Pauschale bei einer prozessorientierten Betrachtung für alle Forderungen, die im Rahmen desselben Vorgangs – etwa in demselben Zeitabschnitt oder im Zuge derselben Saldierung – geltend gemacht werden, nur einmal an. Der prozessorientierte Anfall birgt die Gefahr, dass die Pauschale von 40,00 EUR im Verhältnis zum zu zahlenden Endbetrag zu einer unbedeutenden Minimalbelastung wird. Eine solch enge Auslegung des § 288 Abs. 5 BGB konfligiert mit der dargelegten Abschreckungswirkung, die die Pauschale nach dem Telos der ZVRL 2011 haben soll, und ist daher abzulehnen. Die Pauschale fällt damit belegorientiert an.
Freilich kann der Gläubiger nicht einheitliche Forderungen ohne sachlichen Grun...