Leitsatz
- Das Verfahren auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO stellt gegenüber dem Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft eine eigene Angelegenheit dar.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
LG Frankfurt, Beschl. v. 25.5.2016 – 2-09 T 20/16
1 Sachverhalt
Die Gläubigerin und Beschwerdeführerin hatte den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen die Schuldnerin wegen einer titulierten Hauptforderung i.H.v. 12.000,00 EUR, Zinsen i.H.v. 3.621,17 EUR, festgesetzten Kosten i.H.v. 2,271,53 EUR und Vollstreckungskosten i.H.v. 691,55 EUR beantragt. Mit den Vollstreckungskosten beantragte die Gläubigerin ausweislich der Forderungsaufstellung unter anderem eine 0,3-Gebühr nach Nr. 3309 VV i.H.v. 228,80 EUR für die Einholung einer Drittauskunft über die Schuldnerin.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bezüglich der beantragten Vollstreckungskosten i.H.v. 228,80 EUR zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG sei eine Gebühr für die Einholung von Auskünften nicht gesondert abzurechnen, da dies eine gebührenrechtlichen Einheit mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach § 8021 ZPO bilde und damit abgegolten sei. Es liege daher lediglich die Fortsetzung des Verfahrens auf Abnahme der Vermögensauskunft und eine weitere Vollstreckungsmaßnahme vor, die in innerem Zusammenhang mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft stehe.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Gläubigerin. Sie ist der Ansicht, bei der Einholung von Drittauskünften nach § 8021 ZPO handele es sich um eine besondere Angelegenheit die nicht in innerem Zusammenhang mit der Vermögensauskunft stehe und zudem auch einen anderen Zweck verfolge. Zudem sehe § 802a Abs. 2 ZPO explizit die Drittauskünfte als eigenen und besonderen Vollstreckungsauftrag neben der Vermögensauskunft an, so dass dadurch keine eigene Gebühr ausgelöst würde.
Das AG – Vollstreckungsgericht – hat der sofortigen Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen und die Sache dem LG zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des AG ist gem. § 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässig, Insbesondere ist sie auch fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Der Gläubigerin und Beschwerdeführerin steht auch eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr für die Einholung von Drittauskünften nach § 8021 ZPO i.V.m. Nr. 3309 VV i.H.v. 228,80 EUR zu. Dem von der Gläubigerin am 26.10.2015 beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist auch insoweit stattzugeben.
Entgegen der Ansicht des AG ist der Antrag nach § 802l Abs. 1 ZPO auf Auskunftseinholung eine Vollstreckungsmaßnahme aus dem Katalog des § 802a Abs. 2 ZPO und löst damit die 0,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3309 VV aus (Vgl. Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., 2016, § 802l Rn 11).
Dem steht nicht entgegen, dass auch bereits der Antrag der Gläubigerin auf Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c ZPO eine 0,3-Gebühr nach Nr. 3309 VV ausgelöst hat. Denn beide Anträge stellen gesonderte Vollstreckungsmaßnahmen dar, die jeweils gesondert eine Rechtsanwaltsgebühr auslösen und nicht als eine Angelegenheit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG anzusehen sind.
Die Frage, ob der Antrag auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO neben § 802c ZPO eine eigene Angelegenheit darstellt oder als Fortführung zu dem Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft gehört, ist – soweit ersichtlich – bisher höchstrichterlich nicht entschieden worden (vgl. dazu Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., 2013, § 18 Rn 27). Der BGH hat zwar entschieden, dass es sich bei der anwaltlichen Anfrage beim Einwohnermeldeamt um eine bloße Vorbereitungshandlung für eine bevorstehende Klage oder Zwangsvollstreckungsmaßnahme handelt, die keine gesonderte Gebühr auslöst (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2003 – IXa ZB 234/03 [= AGS 2004, 99]). Bei dem entschiedenen Fall handelte es sich aber nicht um den gesetzlich normierten Fall der vom Gerichtsvollzieher eingeholten Drittauskünfte nach § 8021 ZPO.
Die Kammer vertritt die Auffassung, dass es sich bei diesem Antrag nach § 802l ZPO um eine eigene Angelegenheit handelt, die gesondert abzurechnen ist und nicht unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG fällt.
Dafür spricht zunächst, dass beide Anträge gesondert gesetzlich geregelt sind und nach der einschlägigen Kommentierungsliteratur jeweils einen Gebührentatbestand nach Nr. 3309 VV auslösen sollen, ohne dass insoweit eine Einschränkung erkennbar wäre. Insbesondere soll nach der einschlägigen Lit. auch der Antrag nach § 8021 ZPO auf Auskunftseinholung eine Verfahrensgebühr auslösen, obwohl diesem Antrag zwangsläufig der Antrag nach § 802c ZPO, der bereits eine 0,3-Gebühr ausgelöst hat, zeitlich vorangegangen ist (vgl. Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl., 2016, § 802l Rn 11; Stöber, in: Zöller, 31 Aufl., 2015, § 802l Rn 16).
Auch nach de...