Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet. Der Kläger kann unter Abzug einer Erstberatungsgebühr die Rückzahlung der bezahlten Honorare sowie den Ersatz seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten verlangen.
I. Der Anspruch auf Erstattung der bezahlten Honorare ergibt sich aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB. Danach ist schon bei Aufnahme von Vertragsverhandlungen jeder Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet.
1. Auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, besteht für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss des anderen Teils von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann (BGH, Urt. v. 15.7.2011 – V ZR 171/10, juris Rn 7; BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, juris Rn 15).
In der Regel erfüllt ein Rechtsanwalt seine Hinweispflicht, wenn er – wie im vorliegenden Fall – entsprechend § 49b Abs. 5 BRAO darauf hinweist, dass sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert richten (BGH, Urt. v. 24.5.2007 – IX ZR 89/06, juris Rn 15 [= AGS 2007, 386]). Ein solcher Hinweis kann im Einzelfall allerdings unzureichend sein. Auf die Höhe der voraussichtlich entstehenden Gebühren hat der Rechtsanwalt hinzuweisen, wenn er entweder vom Mandanten ausdrücklich danach gefragt wird oder wenn der Mandant aus besonderen Umständen des Einzelfalls einen solchen Hinweis erwarten kann.
2. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger nach den Kosten der Mandatierung gefragt hat. Bereits hierdurch wurde die Pflicht der Beklagten ausgelöst, die voraussichtlichen Kosten zu benennen.
a) Zwar ist im Erstberatungsgespräch eine genaue Bestimmung des Honorars in der Regel noch nicht möglich, weil dem Rechtsanwalt ein Ermessen zusteht, welches er naturgemäß erst nach Abschluss der Angelegenheit ausüben soll (§ 14 Abs. 1 RVG). Gleichwohl kann der Rechtsanwalt bereits eine Größenordnung und einen Rahmen für seine Vergütung benennen.
Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass die Berechnungsfaktoren bereits im Erstberatungsgespräch bekannt waren: Es war bekannt, dass die Einkünfte aus elf Veranlagungsjahren (2003 bis 2013) nachzuerklären waren. Ausgehend von durchschnittlichen Verhältnissen, bei denen die Mittelgebühr anzusetzen ist (BGH, Urt. v. 19.10.1995 – IX ZR 20/95, juris Rn 26), wäre gem. § 30 StBVV mit einer 20/10-Gebühr aus dem gesetzlich vorgesehenen Mindestgegenstandswert von 8.000,00 EUR, mithin 866,00 EUR (Tabelle A), pro Veranlagungsjahr zu rechnen gewesen. Da gebührenrechtlich elf verschiedene Angelegenheiten vorliegen, wäre jeweils die Auslagenpauschale von 20,00 EUR abrechenbar gewesen (BGH, Urt. v. 21.11.1996 – IX ZR 159/95, juris Rn 11) sowie die Umsatzsteuer in Höhe von 19 %, insgesamt 11.597,74 EUR. Bei Rechtfertigung der Höchstrahmengebühr von 30/10 von 1.299,00 EUR für jedes Veranlagungsjahr wäre mit 17.265,71 EUR zu rechnen gewesen.
Ein Rechtsanwalt kommt regelmäßig seiner Auskunftspflicht nach, wenn er dem Kläger in der vorliegenden Situation auf dessen ausdrückliche Frage die entsprechende Größenordnung für den durchschnittlichen Fall nennt und darauf hinweist, dass sich die Gebühren bei überdurchschnittlichem Umfang oder Schwierigkeitsgrad auf bis zu ca. 17.300,00 EUR erhöhen können.
b) In der konkreten Beratungssituation hätte die Beklagte zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass sie die Abrechnung der Höchstgebühr beabsichtigt, wie es im Schreiben von Herrn Rechtsanwalt R. v. 16.12.2014 deutlich zum Ausdruck kommt.
c) Ferner hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass sie die Rechtsauffassung vertritt, nicht nur für jede Steuerart und jedes Veranlagungsjahr die Höchstgebühr des § 30 StBVV verlangen zu wollen, sondern gar zusätzlich für jede Einnahmenart.
aa) Die Beklagte beruft sich hierbei auf eine Kommentierung im Praxiskommentar von Berners, 4. Aufl., 2013, § 30 StBVV Rn 10. Die Auffassung, jede Einkunftsart bilde einen Gegenstandswert, stützt sich auf § 10 Abs. 2 StBVV (Charlier/Berners, 3. Aufl., 2011, § 30 StBVV Rn 9). Diese Bestimmung statuiert im Anwendungsbereich des § 30 StBVV eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet werden. Hieraus kann aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, jede Einkunftsart i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 EStG bilde eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit (so im Ergebnis auch Eckert, Steuerberatervergütungsverordnung, 5. Aufl., 2013, § 30 StBVV Rn 4/5; Schwamberger, in: Mayer/Goez/Schwamberger, StBVV, 7. Aufl., 2013, § 30 StBVV Rn 4; wohl auch Feiter, Die neue Steuerberatervergütungsverordnung, § 30 StBVV Rn 72).
Eine Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne (§ 12 Abs. 2 StBVV) ist der durch einen einheitlichen Lebenssachverhalt abgesteckte Rahmen, in dem der Berater für seinen Auftraggeber tätig werd...