A. Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin kann aus dem geschlossenen Anwaltsvertrag keine Vergütung verlangen.
I. Soweit die Klägerin Anwaltsgebühren für eine Erklärung von Einkünften aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit für das Jahr 2014 geltend macht, kann sie nicht nachweisen, hierfür beauftragt worden zu sein.
Der Beklagte hatte zwar den Auftrag erteilt, eine Selbstanzeige zu erstatten. Auch wenn dieser Auftrag weder in der Vollmacht noch in der Vergütungsvereinbarung näher umschrieben wurde, konnte die Klägerin ihn jedoch allenfalls so verstehen, dass die Kapitaleinkünfte für das Jahr 2014 ermittelt werden sollen. Keinesfalls durfte sie annehmen, auch dazu beauftragt zu sein, dem Finanzamt innerhalb offener Frist Einkünfte aus anderen Einkunftsarten zu melden. Laut Schreiben des Finanzamts v. 27.8.2015 war die Steuererklärung bis zum 30.9.2015 abzugeben. Die Klägerin wusste auch, dass der Beklagte die Steuererklärung bereits vorbereitet hatte. Für die Übernahme der vom Beklagten selbst ermittelten Einkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Arbeit in den Entwurf der Selbstanzeige gab es keinen Anlass. Mithin hat die Klägerin keine Berechtigung, hierfür Gebühren von netto 8.757,00 EUR (brutto 10.420,83 EUR) abzurechnen.
II. Der Klägerin steht insgesamt keine Vergütung zu, da der zwischen den Parteien geschlossene Anwaltsvertrag gegen die guten Sitten verstößt und damit nichtig ist.
1. Ein Rechtsgeschäft ist wegen Sittenverstoßes nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmenden Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstößt (BGH, Urt. v. 19.1.1989 – IX ZR 124/88, juris Rn 10). Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann bei wucherähnlichen Rechtsgeschäften anzunehmen sein, auch wenn die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB nicht in vollem Umfang vorliegen. Dies kann zutreffen, wenn zwischen den Leistungen der Vertragsparteien ein auffälliges Missverhältnis besteht und eine Vertragspartei die Unterlegenheit – etwa Unerfahrenheit oder mangelndes Urteilsvermögen – der anderen bewusst zu ihrem Vorteil ausnutzt (BGH, Urt. v. 23.2.1995 – IX ZR 29/94, juris Rn 60).
Bei der Beurteilung, ob die Honorarvereinbarung eines Rechtsanwaltes sittenwidrig ist, ist allerdings nicht alleine der Vergleich zu den gesetzlichen Gebührensätzen maßgeblich. Da die gesetzlichen Gebühren sich nach dem Gegenstandswert der Angelegenheit richten, kann bei Sachen mit niedrigen oder mittleren Streitwerten auch ein Honorar, das die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfaches übersteigt, im Einzelfall in angemessenem Verhältnis zu Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie ihrer Bedeutung für den Auftraggeber stehen (BGH, Urt. v. 30.5.2000 – IX ZR 121/99, juris Rn 25). Entscheidend ist, ob die Vergütung den mit der anwaltlichen Tätigkeit verbundenen Aufwand angemessen abdeckt (BGH, Versäumnisurt. v. 4.7.2002 – IX ZR 153/01, juris Rn 7 [= AGS 2003, 15]).
a) Zwischen dem abgerechneten Honorar und den gesetzlichen Gebühren besteht ein auffälliges Missverhältnis.
aa) Bei Abrechnung nach gesetzlichen Gebühren wäre lediglich eine Honorarforderung in Höhe von insgesamt 10.721,78 EUR entstanden.
Dabei ist für die Vergleichsberechnung davon auszugehen, dass der Klägerin bei Anwendung der Vorschriften der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) die jeweilige Mittelgebühr zugestanden hätte, da sie bei durchschnittlichen Verhältnissen Anwendung findet (BGH, Urt. v. 19.10.1995 – IX ZR 20/95, juris Rn 26) und die Klägerin nicht vorgetragen hat, dass ihre Tätigkeit überdurchschnittlich schwierig oder umfangreich war. Hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte, nachdem die Ermittlung der Kapitaleinkünfte standardisiert auf der Grundlage eingeholter Bankauskünfte erfolgt. Die Klägerin hat in den Jahren 2014 und 2015 Selbstanzeigen für eine Vielzahl von Mandanten bearbeitet. Zudem stellen sich für jedes Veranlagungsjahr ähnliche tatsächliche und rechtliche Fragen.
Für die Fertigung einer Selbstanzeige wäre demzufolge für jedes der zehn Veranlagungsjahre 2004 bis 2013 gem. § 30 StBVV eine 20/10-Gebühr aus einem Gegenstandswert von 8.000,00 EUR, mithin 866,00 EUR (Tabelle A), gerechtfertigt gewesen. Da gebührenrechtlich zehn verschiedene Angelegenheiten vorliegen, wäre jeweils die Auslagenpauschale von 20,00 EUR gem. § 16 StBVV abrechenbar gewesen (BGH, Urt. v. 21.11.1996 – IX ZR 159/95, juris Rn 11) sowie die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % (vgl. § 15 StBVV). Dies ergibt für zehn Veranlagungsjahre 10.543,40 EUR. Für die Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen aus dem Jahr 2014 wäre zusätzlich eine 6/20-Gebühr aus § 27 Abs. 1 StBVV abrechenbar gewesen (129,90 EUR (Tabelle A) zuzüglich 20,00 EUR Auslagenpauschale zuzüglich Umsatzsteuer), insgesamt 178,38 EUR.
bb) Zwar dürfen die gesetzlichen Gebühren nicht unbesehen als Vergleichsmaßstab herangezogen werden, da sie das Honorar pauschalieren und nicht notwendigerweise den angemessenen Arbeitsumfang d...