Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.

1. Das FamG ist bei seiner Festsetzung des Verfahrenswertes einer in der obergerichtlichen Rspr. verbreiteten Auffassung gefolgt, wonach bei der Festsetzung des Verfahrenswertes auf die konkrete Leistungsfähigkeit der Beteiligten abzustellen und deshalb vom nach §§ 43 Abs. 2, 44 Abs. 2 S. 2, 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG maßgeblichen Nettoeinkommen ein Abschlag für Unterhaltsverpflichtungen vorzunehmen ist (vgl. zuletzt OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.10.2015 – 15 WF 176/15, FamRZ 2016, 1295 m.w.N. [= AGS 2016, 125]). Dabei wird der für Unterhaltsverpflichtungen vorzunehmende Abschlag z.T. auf 200,00 EUR/Kind (KG, Beschl. v. 29.6.2009 – 16 WF 96/09, FamRZ 2009, 1854) oder 250,00 EUR/Kind (so z.B. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.9.2013 – 5 WF 66/13, FamRZ 2014, 1226 [= AGS 2013, 472]; OLG Köln, Beschl. v. 2.6.2008 – 12 WF 51/08, FamRZ 2008, 2051) oder 300,00 EUR/Kind (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 28.4.2008 – 6 WF 196/07, FamRZ 2008, 2052; OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.5.2010 – 13 WF 20/10, FamRZ 2011, 755) pauschaliert, während nach anderer Ansicht ein Unterhaltsbetrag, wie er sich als Barunterhalt aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt, abgezogen wird (OLG Hamm, Beschl. v. 24.5.2004 – 7 WF 80/04, FamRZ 2004, 227).

2. Der Senat hält einen solchen Abschlag für die Unterhaltsaufwendungen nicht für sachgerecht und folgt deshalb den vorstehend zitierten Auffassungen nicht. Der Gesetzgeber hat zwar in § 43 Abs. 1 FamGKG auch auf die "Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles" abgestellt. Im Interesse aller Beteiligten sind aber der wesentliche Anknüpfungspunkt für die Bemessung des Verfahrenswertes die Vermögens- und Einkommensverhältnisse, weil allein diese mit hinreichender Zuverlässigkeit quantifiziert werden können, während die sonstigen Umstände des Einzelfalls Raum für Abwägungen in vielerlei Hinsicht lassen und dementsprechend unsicher sind. Dies spricht aus Sicht des Senats dafür, solche besonderen individuellen Umstände nur dann verfahrenswerterhöhend oder -reduzierend in seinen Überlegungen mit einzubeziehen, wenn diese vom "Normalfall" deutlich abweichen und deshalb eine allein an den Einkommens- und Vermögensverhältnissen orientierte Wertfestsetzung zu einem sachwidrigen Ergebnis führen würde.

Das gilt für den von den Beteiligten aufzubringenden Kindesunterhalt nicht. Es entspricht noch dem "Normalfall", dass aus einer Ehe unterhaltsberechtigte Kinder hervorgehen, auch wenn dies bei weitem nicht mehr in jedem Fall der Ehe so ist. Es ist zwar richtig, dass diese Unterhaltspflichten die Leistungsfähigkeit der Beteiligten, etwa zur Bezahlung von Gerichts- und Anwaltskosten reduziert. Andererseits trägt aber schon die Anknüpfung der Gebühren an die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Leistungsfähigkeit der Beteiligten Rechnung. Im Hinblick darauf, dass der Senat von den Beteiligten bezogenes Kindergeld nicht dem Einkommen hinzurechnet, besteht dann aber auch keine Notwendigkeit, die Aufwendungen für Kindesunterhalt abzuziehen, ohne dass dadurch – bei der gebotenen pauschalierenden Betrachtung – die unterschiedliche Leistungsfähigkeit von Beteiligten mit und ohne Kindern in einer Art. 3 GG verletzenden Weise beeinträchtigt würde. Anders als das FamG meinte, käme die Berücksichtigung des Unterhalts ohnehin nur bei der Wertbemessung der Ehesache, nicht aber bei der Wertbemessung der Folgesache Versorgungsausgleich zum Tragen, denn nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamFG ist ohnehin lediglich auf das Nettoeinkommen abzustellen.

Daraus folgt, dass der Verfahrenswert sich wie folgt berechnet:

 
Praxis-Beispiel
 
Verfahrenswert gem. § 43 FamGKG:  
3 x 4.490,00 EUR 13.470,00 EUR  
Verfahrenswert gem. § 50 Abs. 1 FamGKG:    
5 x 1.347,00 EUR 6.735,00 EUR  
  20.205,00 EUR  

AGS 1/2017, S. 46

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