RVG §§ 25 Abs. 1 Nr. 3, 33; GKG-KostVerz. Nr. 2111

Leitsatz

Eine Streitwertfestsetzung im Ordnungsgeldverfahren kommt nicht in Betracht, da hier nach Nr. 2111 GKG-KostVerz. eine Festgebühr erhoben wird. Eine gleichwohl erfolgte Streitwertfestsetzung ist zur Vermeidung eines Rechtsscheins aufzuheben. Auf Antrag des Anwalts ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gesondert festzusetzen. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit beläuft sich auf den vollen Wert des durchzusetzenden Hauptanspruchs.

LG Bonn, Beschl. v. 14.12.2017 – 12 O 16/16

1 Sachverhalt

Die Antragstellerin hatte gegen die Antragsgegnerin eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen erwirkt. Das Gericht hat den Streitwert auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Da sich die Antragsgegnerin nicht an die einstweilige Verfügung gehalten hat, beantragte die Antragstellerin später die Verhängung eines Zwangsgeldes. Das LG hat daraufhin antragsgemäß ein Zwangsgeld i.H.v. 3.000,00 EUR verhängt und den "Streitwert" des Verfahrens auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Hiergegen hat sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde gewandt und geltend gemacht, dass eine Streitwertfestsetzung unzulässig sei, da in Zwangsgeldverfahren eine wertunabhängige Gerichtsgebühr anfalle.

Gleichzeitig hat sie beantragt, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG festzusetzen, und zwar gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG mit dem Wert der Hauptsache, da bei der Vollstreckung von Unterlassungsansprüchen sich der Wert nach dem durchzusetzenden Hauptsachenanspruch richte.

Die Beschwerde hatte Erfolg. Das LG hat die Streitwertfestsetzung aufgehoben und den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Ordnungsmittelverfahren auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

2 Aus den Gründen

In erstinstanzlichen Verfahren betreffend die Festsetzung von Zwangsgeldern gem. § 890 ZPO fällt keine wertabhängige Gerichtsgebühr, sondern eine Festgebühr an, so dass es dementsprechend auch an einer speziellen Vorschrift hinsichtlich des Streitwertes fehlt. Gem. § 33 Abs. 1 RVG war daher der Gegenstandswert durch Beschluss selbstständig festzusetzen. Dieser Wert der anwaltlichen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG.

Dabei bemisst sich der Gegenstandswert nicht nach der Höhe des Zwangsgeldes, weil für dessen Bemessung neben dem Interesse des Gläubigers auch andere Umstände maßgebend sind, so z.B. die Hartnäckigkeit, mit der der Schuldner die Vornahme verweigert, sowie seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Zudem fließt das beigetriebene Zwangsgeld nicht dem Gläubiger, sondern dem Staat zu. Der Gegenstandswert bemisst sich vielmehr nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat. Dieser entspricht dem Erfüllungsinteresse an der titulierten Verpflichtung selbst, weil es dem Gläubiger wirtschaftlich allein darum geht.

Der Streitwert war mithin gleich dem Wert für das einstweilige Verfügungsverfahren festzusetzen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 24.3.2005 – 25 WF 45/05 [= AGS 2005, 262]).

3 Anmerkung

I. Unzulässige Streitwert-Festsetzung

Nach § 63 Abs. 1 S. 1 GKG setzt das Gericht den Streitwert für die Gerichtsgebühren fest, wenn Gerichtsgebühren anfallen und diese sich nach dem Streitwert richten. Daraus folgt, dass ein Gericht nur dann eine Kompetenz zur Streitwertfestsetzung hat, wenn

  Gerichtsgebühren anfallen

und

  diese sich nach dem Streitwert berechnen.

Umgekehrt folgt daraus, dass ein Gericht keine Kompetenz hat, einen Streitwert festzusetzen, wenn entweder keine Gerichtsgebühren erhoben werden oder diese sich nicht nach dem Streitwert richten.[1]

In einem Ordnungsgeldverfahren wird zwar eine Gerichtsgebühr erhoben, allerdings eine Festgebühr nach Nr. 2111 GKG-KostVerz. i.H.v. 20,00 EUR. Die Höhe dieser Gebühr ist damit unabhängig vom Wert des Antrags. Einen Streitwert gibt es hier also nicht. Folglich hat das Gericht auch keinen Streitwert festzusetzen.[2]

Solche Festsetzungen, wie sie aber immer wieder vorgenommen werden, sind daher gegenstandslos.[3]

II. Beschwerdemöglichkeit

Ist ein solcher "Streitwertbeschluss" ergangen, fragt es sich, ob dagegen überhaupt Beschwerde eingelegt werden kann.

Da der Beschluss an sich gegenstandslos ist, kann er folglich auch niemanden beschweren, was aber Voraussetzung für eine Beschwerde ist. Daher wird zum Teil von der Rspr. bereits die Beschwerdemöglichkeit abgelehnt.[4]

Die überwiegende Rechtsprechung lässt dagegen eine Beschwerde zu, um zumindest den Rechtsschein eines Wertfestsetzungsbeschlusses zu beseitigen.[5]

 

Praxishinweis

Gegen Streitwertfestsetzungen in Ordnungsgeldverfahren sollte daher grundsätzlich Beschwerde erhoben werden, um den Rechtsschein einer bindenden Wertfestsetzung von vornherein zu beseitigen.

III. Gegenstandswert der Anwaltsgebühren

Im Gegensatz zu den Gerichtsgebühren berechnen sich die Anwaltsgebühren in Ordnungsgeldverfahren allerdings nach dem Wert, nämlich nach dem Gegenstandswert (§ 2 Abs. 1 RVG). Hier werden Wertgebühren erhoben, und zwar nach den Nrn. 3309 ff. VV. Es entsteht eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV und, ...

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