Die Bewertung einer Ehesache wird in der Rspr. uneinheitlich behandelt. Das liegt daran, dass die Wertvorschrift unbestimmt ist und es so gut wie keine Entscheidungen des BGH gibt, da Verfahrenswertbeschwerden zum BGH nach § 59 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 55 Abs. 7 FamGKG ausgeschlossen sind und Hauptsacheverfahren in der Ehesache so gut wie nie vor den BGH kommen. Auch macht der BGH von der Möglichkeit des § 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG hinsichtlich der Ehesache in der Regel keinen Gebrauch, wenn er einmal mit einer Rechtsbeschwerde in einer Folgesache befasst ist. An der derzeitigen Partikularrechtsprechung zum Wert der Ehesache wird sich daher auch in naher Zukunft nichts ändern, zumal man Bestrebungen der Oberlandesgerichte zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung vergebens sucht.
Lediglich hinsichtlich der Einkommensverhältnisse gibt das Gesetz die weitere Vorgabe, dass von dem dreifachen Nettoeinkommen der Eheleute auszugehen ist (§ 43 Abs. 2 FamGKG). Aber schon zu der Frage, was alles zum Einkommen zählt, fehlen gesetzliche Vorgaben, so dass die Rspr. auch hierzu je nach Gerichtsbezirk unterschiedlich ausfällt. Gleiches gilt für die Frage, ob für Kinder Freibeträge vom Einkommen abzuziehen sind.
Zutreffender Weise berücksichtigt das OLG die vom Einkommen der Antragstellerin abgehenden Pfändungen nicht. Die Pfändungen gehen vom Netto-Einkommen ab. Da § 43 Abs. 2 FamGKG aber auf das Netto-Einkommen abstellt und nicht auf das zur Verfügung stehende Einkommen, sind Pfändungen nicht zu berücksichtigen, ebenso wie sonstige Verbindlichkeiten, etwa Darlehnsraten nicht abgezogen werden.
Hinsichtlich der Berechnung des Vermögens gibt das Gesetz keine Vorgaben. In der Regel werden hier Freibeträge angesetzt und nur das darüber hinaus gehende Vermögen mit einem Prozentsatz berücksichtigt. Dabei werden je nach OLG-Bezirk die Freibeträge unterschiedlich hoch angesetzt. Auch über den anzusetzenden Prozentsatz besteht Uneinigkeit.
KG |
je Ehegatte mindestens 30.000,00 EUR; 10 % vom Restbetrag, davon 20 % Abschlag; 60.000,00 EUR allgemeiner Freibetrag und 25.000,00 EUR Altersfreibetrag je Ehegatte, 5 % vom Restbetrag |
OLG Bamberg |
70.000,00 DM je Ehegatte (heute: 35.000,00 EUR) |
OLG-Bezirk Brandenburg |
30.000,00 EUR je Ehegatte und 20.000,00 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag |
OLG Braunschweig |
70.000,00 DM je Ehegatte (heute: 35.000,00 EUR) |
OLG Bremen |
nicht bekannt |
OLG Celle |
30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag |
OLG Dresden |
30.000,00 EUR je Ehegatte und 10.000,00 EUR je Kind; 5 % vom Restbetrag |
OLG Düsseldorf |
70.000,00 EUR je Ehegatte und 70.000,00 EUR je minderjähriges Kind; 10 % vom Restbetrag bei hohem Privatvermögen |
OLG Frankfurt |
25.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag |
OLG Hamburg |
nicht bekannt |
OLG Hamm |
nicht bekannt |
OLG Jena |
nicht bekannt |
OLG Karlsruhe |
15.000,00 EUR je Ehegatte, 7.500,00 EUR je Kind 5 % vom Restbetrag |
OLG Koblenz |
60.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag |
OLG Köln |
70.000,00 DM je Ehegatte und 70.000,00 DM je minderjähriges Kind (heute: jeweils 35.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag |
OLG München |
120.000,00 DM je Ehegatte (heute 60.000,00 EUR), 60.000,00 DM je minderjähriges Kind (heute: 30.000,00 EUR); 5 % vom Restbetrag |
OLG Naumburg |
nicht bekannt |
OLG Nürnberg |
30.000,00 DM je Ehegatte (heute: 15.000,00 EUR) und 15.000,00 DM je Kind (heute: 7.500,00 EUR); 5 % vom Restbetrag |
OLG Oldenburg |
nicht bekannt |
OLG Rostock |
nicht bekannt |
OLG Saarbrücken |
kein Vermögensfreibetrag |
OLG Schleswig |
30.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag |
OLG Stuttgart |
60.000,00 EUR je Ehegatte; 5 % vom Restbetrag |
OLG Zweibrücken |
20.000,00 EUR je Ehegatte, 10.000,00 EUR je Kind, 5 % vom Restbetrag |
Zutreffend ist es auch hier, nur das positive Vermögen zu bewerten. Passivpositionen sind danach nur im Rahmen einer Gesamtsaldierung zu berücksichtigen. also wenn auch ein entsprechendes Aktivvermögen vorhanden ist.
Norbert Schneider
AGS 1/2018, S. 25 - 27