RVG § 48 Abs. 3 Nr. 6
Leitsatz
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen Scheidungsfolgenvergleich erstreckt sich auch auf Regelungen, die im Zusammenhang mit dem Zugewinnausgleich stehen, etwa auf die Übertragung des Miteigentumsanteils an einem Hausanwesen zum Ausgleich des Zugewinns.
OLG Bamberg, Beschl. v. 13.7.2017 – 2 WF 243/16
1 Sachverhalt
Das FamG hat der Antragstellerin VKH für das zu diesem Zeitpunkt anhängige Scheidungsverfahren mit Versorgungsausgleich bewilligt. Mit weiterem Beschluss hat es die bewilligte VKH auf die Folgesache Zugewinnausgleich erstreckt und mit weiterem Beschluss v. 6.10.2016 die beabsichtigte Scheidungsfolgenvereinbarung insoweit auf die Einigungsgebühr beschränkt.
In der mündlichen Verhandlung schlossen die Beteiligten zur Erledigung der Folgesache Zugewinnausgleich sowie zu der Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft im Grundbuch hinsichtlich des gemeinsamen Hausanwesens, zur Hausratsteilung und zum nachehelichen Ehegattenunterhalt einen Vergleich, in dem u.a. der Antragsgegner seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf die Antragstellerin übertrug. Die Folgesache Zugewinnausgleich sollte mit diesem Vergleich erledigt und verglichen sein.
Die Antragstellerin hat gegen den Beschl. v. 6.10.2016 sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, die Beschränkung der VKH-Bewilligung aufzuheben. Das FamG hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und die Beschränkung der Bewilligung der VKH auf die Einigungsgebühr nur inso weit aufrechterhalten, als in dem Vergleich die Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten geregelt wurde. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beschränkung i.Ü. deshalb in Wegfall komme, da der Vergleich sich insofern auf die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Vergleichsgegenstände beziehe. Die Protokollierung des Grundstückskaufvertrags und damit einhergehende Miteigentumsauseinandersetzung ersetze dagegen die notarielle Beurkundung. Es sei insoweit lediglich beantragt, eine Einigung der Beteiligten über nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und in dem noch verbliebenen Umfang auch begründet. Die Beschränkung der VKH auf die Einigungsgebühr für die Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten ist nicht gerechtfertigt.
Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erstreckt sich gem. § 48 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 RVG auch auf die Auseinandersetzung des Miteigentums der Beteiligten in dem Scheidungsfolgenvergleich, denn es handelt sich hierbei um eine Regelung von Ansprüchen aus dem ehelichen Güterrecht.
Allerdings ist strittig, welche Regelungen in einem Scheidungsfolgenvertrag als güterrechtliche Angelegenheit anzusehen sind. Bei einer engen Auslegung des Begriffs "eheliches Güterrecht" würden hierunter nur die Ansprüche aus den §§ 1363–1390 BGB fallen, bei einer weiten Auslegung auch Regelungen anderer vermögensrechtlicher Beziehungen zwischen den Ehegatten (so OLG Hamburg MDR 1976, 1029, zum gleichlautenden § 122 Abs. 3 BRAGO, wonach die Formulierung "Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht" im weitesten Sinne zu verstehen sei und grundsätzlich die Auseinandersetzung über alle den Ehegatten zustehenden Vermögenswerte schlechthin decke).
Der BGH hat in anderem Zusammenhang entschieden, dass Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht solche sind, die sich aus den gesetzlichen Vorschriften über das eheliche Güterrecht (§§ 1363 ff. BGB) oder aus Vereinbarungen der Ehegatten ergeben, durch die güterrechtliche Verhältnisse abweichend von einer gesetzlichen Ausgestaltung geregelt, güterrechtliche Ansprüche modifiziert oder die Auseinandersetzung güterrechtlicher Beziehungen geregelt werden (BGHZ 76, 305 ff. = FamRZ 1980, 551). Ansprüche, die in einer Scheidungsfolgenvereinbarung der Ehegatten zur Auseinandersetzung der güterrechtlichen Beziehungen begründet werden, sind danach ebenso wie die gesetzlichen Auseinandersetzungsansprüche, die damit modifiziert werden sollen, dem ehelichen Güterrecht (i.S.d. § 23b Abs. 1 S. 2 Nr. 9 GVG a.F.) zuzurechnen. Denn sie haben ebenso ihre Wurzel im ehelichen Güterrecht (BGH FamRZ 1980, 878 f.; FamRZ 1980, 1106).
Dies ist auf die Frage, in welchem Umfang der VKH-Anwalt im Ehescheidungsverfahren bei Abschluss eines Vertrags nach § 48 Abs. 3 S. 1 RVG beigeordnet ist, zu übertragen.
Sinn der Regelung in § 48 Abs. 3 RVG ist es, die Herbeiführung einer Vereinbarung zu Scheidungsfolgen zu unterstützen, was für eine Auslegung i.S.d. vorstehenden Ausführungen spricht. Eine einengende Auslegung wäre mit der Intention des Gesetzgebers nicht vereinbar.
Ziel des Gesetzgebers war es, dass Parteien mit geringem Einkommen die gleiche Möglichkeit erhalten, ihre Streitigkeiten möglichst umfangreich beizulegen, wie Parteien mit ausreichend hohem Einkommen, was zur Änderung von § 48 Abs. 3 S. 1 RVG durch das 2. KostRMoG v. 23.7.2013 führte (vgl. BT-Drucks 17/11471, 270).
Es war bereits Grundgedanke des § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO, den Abschluss von Vereinbarungen in Angelegenheit...