RVG VV Nrn. 3200, 3201
Leitsatz
Ein für die Entstehung der vollen Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV notwendiger Sachantrag i.S.v. Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV liegt auch vor, wenn der Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten lediglich ankündigt, die Zurückweisung der Berufung zu beantragen.
OLG Celle, Beschl. v. 15.11.2017 – 2 W 290/17
1 Aus den Gründen
Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.
Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin angenommen, dass der Kläger den Beklagten für das Berufungsverfahren nur eine ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV anstatt der beantragten Gebühr nach Nr. 3200 VV zu erstatten habe. Eine vorzeitige Beendigung der Tätigkeit der von den Beklagten im Berufungsverfahren mit ihrer Vertretung beauftragten Prozessbevollmächtigten liegt nicht vor, weil der von den Prozessbevollmächtigten für die Beklagten eingereichte Schriftsatz einen Sachantrag auf Zurückweisung der Berufung i.S.v. Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 1 VV enthält.
Das gilt entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin unabhängig davon, dass dieser Antrag mit der Formulierung: "Wir werden beantragen, die Berufung zurückzuweisen", nur angekündigt worden ist (vgl. auch OLG München AGS 2011, 103 Nr. 1a). Die von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten verwendete Formulierung entspricht einer weit verbreiteten Praxis und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Anträge, sofern nicht im schriftlichen Verfahren entschieden wird, grundsätzlich in der mündlichen Verhandlung zu stellen sind, die gem. §§ 129 Abs. 1, 130 Nr. 2 ZPO durch Schriftsätze vorbereitet wird. Deshalb ist es sachgerecht, in vorbereitenden Schriftsätzen nur darauf hinzuweisen, welche Anträge die Partei in der Sitzung zu stellen beabsichtigt.
Nach der höchstrichterlichen Rspr. (vgl. BGH NJW-RR 2014, 185 [= AGS 2014, 94]) ist eine volle 1,6fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV auch dann zu erstatten, wenn die Berufungsbegründung erst nach dem Zurückweisungsantrag eingeht und zwar auch dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Berufung letztlich auf einen Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgenommen wird (vgl. auch BGH NJW 2004, 73 [= AGS 2004, 124]).
Unter Berücksichtigung der Erhöhung für den zweiten Auftraggeber um 0,3 gem. Nr. 1008 VV ist den Beklagten mithin die mit dem Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachte 1,9fache Verfahrensgebühr nebst Auslagen und Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 1.975,04 EUR zu erstatten.
AGS 1/2018, S. 9 - 10