ZPO § 91
Leitsatz
Werden bei einer Schadensersatzklage wegen eines Verkehrsunfalls bei einer Dienstfahrt der beklagte Fahrer und der Dienstherr durch je einen Anwalt vertreten, so reicht eine rein theoretisch bestehende Möglichkeit eines Regresses grundsätzlich nicht aus, die Vertretung durch einen eigenen Rechtsanwalt wegen denkbarer Interessenskonflikte auch in erstattungsrechtlicher Hinsicht zu billigen.
OLG Köln, Beschl. v. 5.2.2009–17 W 28/09
1 Sachverhalt
Der Beklagte zu 1) befand sich für die Beklagte zu 2) auf einer Dienstfahrt. Dabei kam es zu einer Kollision mit dem von der Klägerin gesteuerten Fahrzeug. Mit ihrer Klage hat die Klägerin Schadensersatz gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend gemacht. Mit Schriftsätzen vom 20.7.2007 bestellten sich Rechtsanwälte aus L. für beide Beklagte sowie ein Rechtsanwalt aus C. für den Beklagten zu 1). Im Termin zur mündlichen Verhandlung nahm die Klägerin nach mehrfach schon zuvor erteilten Hinweisen des LG auf Art. 34 GG die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage zurück mit der entsprechenden Kostenfolge. Die Klägerin und die Beklagte zu 2) schlossen im Termin einen Vergleich, der eine Kostenquote vorsieht.
Sowohl die Prozessbevollmächtigten, die sich allein für den Beklagten zu 1) bestellt hatten, als auch diejenigen, die sich für beide Beklagte gemeldet hatten, haben Kosten zur Festsetzung angemeldet. Der Rechtspfleger hat zugunsten des Beklagten zu 1) die Kostenfestsetzung antragsgemäß durchgeführt, im Verhältnis der Klägerin und der Beklagten zu 2) entsprechend der im Vergleich vereinbarten Kostenquote.
Die Klägerin rügt mit ihrem Rechtsmittel die Festsetzung zugunsten des Beklagten zu 1) und ist der Ansicht, die Verursachung entsprechender Kosten sei nicht notwendig gewesen, da sich die beiden Beklagten durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt hätten vertreten lassen können und müssen. Hierzu verweist sie auf eine Entscheidung des BGH.
Der Beklagte zu 1) meint dagegen, die angeführte Entscheidung sei nicht vergleichbar, weil vorliegend keine Versicherung am Rechtsstreit beteiligt sei und von daher § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB, wonach der Versicherungsnehmer der Versicherung die Führung des Rechtsstreites zu überlassen hat, nicht einschlägig sei bzw. eine vergleichbare Vorschrift, die hier zur Anwendung kommen könnte, nicht existiere. Schließlich sei die Interessenlage der beiden Beklagten wegen eines im Raume stehenden Regresses nicht absolut gleichgerichtet gewesen.
Der Rechtspfleger hat sich die Ansicht des Beklagten zu 1) zu Eigen gemacht, dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
Dem Beklagten zu 1) steht lediglich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 888,22 EUR zu.
1. a) Mit seinen beiden Grundsatzentscheidungen hat sich der BGH (NJW-RR 2004, 536 = JurBüro 2004, 323 = Rpfleger 2004, 314; MDR 2007, 1160 = NJW 2007, 2257) der u.a. vom erkennenden Senat schon von jeher vertretenen Ansicht (zuletzt: Beschl. v. 17.6.2008–17 W 130/08) angeschlossen, dass die Frage, ob Streitgenossen gehalten sind, sich von einem gemeinsamen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, nur aufgrund der Umstände im jeweiligen Einzelfall entschieden werden kann. Rechtsmissbräuchliches Verhalten ist nur dann zu bejahen, wenn es ausnahmsweise keinen sachlichen Grund für die Einschaltung mehrerer Anwälte gibt und ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter uneingeschränkt zu einer interessengerechten Rechtsberatung und Prozessführung in der Lage ist (ausführlich: Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 1008 Rn 321 ff. m. w. Nachw.). Die Begründung des Rechtspflegers in seinem Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss, die erstgenannte Entscheidung des BGH sei nicht maßgeblich, weil vorliegend keine Versicherung am Rechtsstreit beteiligt sei, liegt gänzlich neben der Sache, da der zweiten Entscheidung ein Fall aus dem Mietrecht zugrunde lag.
Die Mandatierung verschiedener Anwälte ist etwa dann gerechtfertigt, wenn der Halter eines Kraftfahrzeuges zusammen mit seiner Haftpflichtversicherung verklagt wird, Letztere ihren Versicherungsnehmer aber verdächtigt, den Unfall zusammen mit dem Unfallgegner gestellt zu haben (Senat, Beschl. v. 26.9.2005–17 W 200/05, MDR 2006, 896; Beschl. v. 6.9.2004–17 W 165/04, MDR 2005, 106; Belz, MK-ZPO, 3. Aufl., § 91 Rn 89 m. w. Nachw.). Werden zwei Rechtsanwälte als Streitgenossen verklagt, die sich sodann selbst vertreten oder sich jeweils durch einen dritten Rechtsanwalt vertreten lassen, so liegt etwa in einem Regressprozess ein sachlicher Grund hierfür jedenfalls dann vor, wenn nur einer der verklagten Rechtsanwälte das Mandat seinerzeit betreut hat und der andere nach Beendigung des Mandates aus der gemeinsamen Sozietät ausgeschieden ist (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.8.1994–11 W 86/94).
b) Im vorliegend zu entscheidenden Fall ist für eine derartige Ausn...