ZPO §§ 114, 115; BGB § 203
Leitsatz
Klagt ein Miterbe aus eigenem Recht auf Leistung an die Erbengemeinschaft, so sind grundsätzlich nur seine eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse maßgeblich. Anders ist dies, wenn der arme Miterbe lediglich vorgeschoben wird.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 30.1.2009–5 W 39/09
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte einen Klageentwurf zur Akte gereicht. Danach beabsichtigt der Antragsteller, die Beklagten als Gesamtschuldner zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen J, bestehend aus dem Antragsteller und der V, auf Zahlung von 15.000,00 EUR nebst Zinsen in Anspruch zu nehmen. Er hat hierfür Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG den Antrag zurückgewiesen. Es hat dies darauf gestützt, dass der Antragsteller lediglich seine eigenen Vermögensverhältnisse dargelegt habe. Da er jedoch als Mitglied einer Erbengemeinschaft einen Zahlungsanspruch an die Gemeinschaft verfolge, komme es nicht allein auf die Vermögensverhältnisse des den Prozess führenden Erben an, sondern auf diejenigen aller Mitglieder der Erbengemeinschaft. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte teilweise Erfolg. Sie führte zur Zurückverweisung des Verfahrens an das LG.
2 Aus den Gründen
Für die Beurteilung der gem. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO erforderlichen Fähigkeit des Antragstellers, die Kosten der Prozessführung, nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufzubringen, ist vorliegend allein auf dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse abzustellen.
Klagt ein Miterbe gem. § 2039 S. 1 BGB auf Leistung an die Erbengemeinschaft, so ist bezüglich der Gewährung von Prozesskostenhilfe grundsätzlich nur die eigene Einkommens- und Vermögenslage des klagenden Miterben maßgeblich, da er nicht namens der Erbengemeinschaft klagt, sondern ein eigenes Klagerecht geltend macht. Schieben allerdings die vermögenden Miterben den Vermögenslosen lediglich vor, um auf diese Weise Prozesskostenhilfe für den Rechtsstreit zu erlangen, dann kann hierin ein sittenwidriger Umgehungsversuch liegen, der zur Aufhebung des Gesuchs führt. In diesem Fall ist auf das Vermögen der gesamten Erbengemeinschaft abzustellen (vgl. Staudinger-Werner, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neukommentierung, § 2039 BGB, Rn 29 m. w. Nachw.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 3. Aufl., Rn 75; Zöller-Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 114 ZPO, Rn 9; ähnlich BGH, Beschl. v. 20.7.1984 – III ZR 107/84, VersR 1984, 989 für den Fall der Abtretung eines Anspruchs der Erbengemeinschaft).
Daraus, dass ein armer Miterbe Ansprüche der Erbengemeinschaft allein im eigenen Namen, jedoch zugunsten der Gemeinschaft geltend macht, kann dabei nicht automatisch gefolgert werden, dass er von den vermögenden Miterben vorgeschoben ist. Es sind vielmehr auch Fälle denkbar, in denen die übrigen Miterben kein Interesse an der Geltendmachung einer Forderung haben und deshalb ihre Mitwirkung an einer gemeinsamen Klage verweigern. Würde man in einem solchen Fall dem klagenden Miterben Prozesskostenhilfe im Hinblick auf das Vermögen der anderen verweigern, wäre dieser faktisch gehindert, sein Klagerecht aus § 2039 BGB geltend zu machen. Daher ist es erforderlich, dass das Vorliegen eines Umgehungsversuchs substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht wird.
Im vorliegenden Fall hat das LG hierzu keine Feststellungen getroffen und auch aus dem Vortrag der Parteien ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte.
Das LG hätte daher nicht allein auf Grund des Umstands, dass Einkommen und Vermögen der Miterbin V. nicht dargelegt wurden, den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückweisen dürfen.
Der angefochtene Beschluss war mithin aufzuheben und das Verfahren zur Fortsetzung und erneuten Entscheidung an das LG zurückzuverweisen. Eine Aufhebung und Zurückverweisung gem. § 572 Abs. 3 ZPO ist insbesondere möglich, wenn weitere Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz überlassen werden sollen oder diese zu Teilfragen noch nicht Stellung genommen hat, es sei denn, es sind nur noch einzelne Punkte zu klären oder das Ergebnis der unterbliebenen Prüfung liegt auf der Hand (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn 900).
Im vorliegenden Fall hat das LG den PKH-Antrag lediglich deshalb zurückgewiesen, weil auf die Armut der gesamten Erbengemeinschaft und nicht nur des Antragstellers abzustellen sei. Dagegen hat das LG weder die – im Ergebnis bejahte – Bedürftigkeit des Antragstellers im Einzelnen nachvollziehbar begründet noch, sofern diese zu bejahen sein sollte, zur Frage der Erfolgsaussichten Stellung genommen. Der Senat erlaubt sich in diesem Zusammenhang den Hinweis darauf, dass der vom LG übersandten Akte das Sonderheft mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht beigefügt war, so dass insoweit eine Überprüfung durch den Senat derzeit nicht möglich ist. Bei dieser Sachlage ist es angebracht, die notwendigen Feststellungen dem LG zu übertragen.
Das LG wird daher den Parteien Gelegenheit zum Vortrag zur ...