RVG § 14
Leitsatz
- Eine Abweichung von 20 % bis 30 % bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr ist nicht unbillig und mithin für die Staatskasse verbindlich.
- Das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und das anschließende gerichtliche Verfahren sind eine Angelegenheit.
LG Potsdam, Beschl. v. 16.12.2008–24 Qs 113/08
1 Sachverhalt
Das Amt für Forstwirtschaft hatte gegen den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen das Waldgesetz (Waldumwandlung ohne Genehmigung) ein Bußgeld in Höhe von 2.880,00 EUR festgesetzt. Auf den Einspruch des Betroffenen hat die Verwaltungsbehörde die Sache an das AG abgegeben. Mit Urteil hat das AG die Geldbuße auf 800,00 EUR ermäßigt und dem Betroffenen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat das OLG angeregt, das Verfahren gem. § 47 Abs. 2 S. 1 OWiG einzustellen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Entscheidung erfordere die Klärung einer "ausgesprochen schwierigen verwaltungsrechtlichen Frage, für die sich ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zu eignen scheine. Wegen der "unklaren Rechtslage" und wegen des im Ordnungswidrigkeitenrechts geltenden Grundsatzes der Opportunität halte der Senat es für geboten, von der Verfolgung abzusehen. Nach Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft des Landes hat das OLG durch Beschluss das Verfahren gem. § 47 Abs. 2 S. 1 OWiG eingestellt und die Verfahrenskosten sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen der Landeskasse auferlegt."
Mit Schreiben seines Verteidigers beantragte der Betroffene daraufhin, die ihm entstandenen notwendigen Anwaltskosten in Höhe der jeweiligen Höchstgebühren festzusetzen. Zur Begründung führte er aus, die vorliegende Angelegenheit und vor allem deren Ausgang habe für ihn überdurchschnittlichen Charakter gehabt, da sie für ihn als Inhaber eines Forst- und eines Entsorgungsfachbetriebes Auswirkungen auf seine Betriebe gehabt habe. Außerdem sei die Sache rechtlich außerordentlich kompliziert gewesen.
Der Bezirksrevisor hat dahingehend Stellung genommen, dass er die begehrten Gebühren mit Ausnahme der Terminsgebühr für den zweiten Hauptverhandlungstag für unbillig hoch bestimmt hat und damit für die erstattungspflichtige Landeskasse für unverbindlich erachte. Zur Begründung führt er aus, die im vorliegenden Fall verhängte Geldbuße von 2.880,00 EUR liege im mittleren Bereich der Nrn. 5103, 5109 und 5110 VV. Allein die teilweise überdurchschnittliche Bedeutung für den Betroffenen rechtfertige die Höchstgebühr nicht. Der Sachverhalt sei übersichtlich gelagert, die anwaltliche Tätigkeit erfasse auch keine besonderen seltenen oder schwierigen Rechtsgebiete.
Mit Beschluss hat das AG daraufhin die dem Betroffenen aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 1.879,17 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es sich inhaltlich im Wesentlichen auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors bezogen.
Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Die Geltendmachung der Höchstgebühren ist vorliegend im Ergebnis nicht zu beanstanden und mithin für die Landeskasse verbindlich.
Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Vorliegend sind der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als deutlich überdurchschnittlich zu bewerten. Die anwaltliche Tätigkeit stellt sich insbesondere als besonders schwierig dar, da es sich nicht nur um ein nicht alltäglich zu bearbeitendes Rechtsgebiet handelt, sondern – so auch die Beurteilung durch das Brandenburgische Oberlandesgericht – eine schwierige Rechtsfrage zu klären war. Dies führte folglich auch zu einer erhöhten Einarbeitungs- und Bearbeitungszeit. Die Angelegenheit war überdies – auch angesichts der nicht unbeträchtlichen Höhe der verhängten Geldbuße – auch von überdurchschnittlicher Bedeutung. Nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG war daher die Geltendmachung der Höchstgebühren – jedenfalls unter Berücksichtigung des dem Rechtsanwalt zustehenden Ermessensspielraums und der zulässigen Abweichung von 20 % bis 30 % – jedenfalls nicht unbillig und mithin für die Staatskasse verbindlich.
Auch die geltend gemachten Reisekosten sind nicht zu beanstanden. Insoweit sind die bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten der Rechtsverfolgung vom BGH für den Zivilprozess entwickelten Grundsätze auch im Strafverfahren anzuwenden. Danach ist ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis des Beschuldigten zu seinem Verteidiger die Basis einer effizienten Verteidigung, weshalb das Recht des Beschuldigten sich im Strafverfahren von einem Rechtsanwalt als gewähltem Verteidiger seines Vertrauens verteidigen zu lassen, durch eine zu enge Auslegung und Anwendung der Kostenvorschriften nicht ausgehöhlt werden darf. Demgemäß w...