BerHG § 6; RVG § 15; RVG VV Nr. 2503
Leitsatz
Die verschiedenen Trennungsfolgen stellen im Bereich der Beratungshilfe verschiedene Angelegenheiten dar.
OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 8.11.2009–20 W 197/09
1 Sachverhalt
Der Kostengläubigerin ist vom AG ein für die Rechtsuchende ausgestellter Beratungshilfeschein übersandt worden und zwar für die "Geltendmachung von Ehegattenunterhalt, Kindesunterhalt, Hausratteilung, Auflösung der Ehewohnung".
Das LG hat unter Zulassung der weiteren Beschwerde auf die Beschwerde der Kostengläubigerin antragsgemäß die Vergütung der von der Kostengläubigerin im Wege der Beratungshilfe erbrachten Leistungen von 99,00 EUR auf 229,91 EUR heraufgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor weitere Beschwerde eingelegt, mit der er eine Verletzung der Vorschrift des § 16 Abs. 4 RVG rügt und insoweit auf seine bei den Akten befindlichen früheren Stellungnahmen verweist.
2 Aus den Gründen
Die weitere Beschwerde ist nicht begründet. Sie enthält keinen Rechtsfehler zulasten der Staatskasse, woraufhin sie vorliegend nur nachzuprüfen war (§ 33 Abs. 6 RVG i.V.m. §§ 546, 547 ZPO).
Für den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts wegen geleisteter Beratungshilfe ist § 44 RVG i.V.m. Nrn. 2500 bis 2508 VV maßgebend, wobei sich der zu vergütende Beratungsumfang aus dem Berechtigungsschein ergibt, in dem die Angelegenheit genau zu bezeichnen ist (§ 6 Abs. 1 BerHG). Die Gebühren sind Festgebühren, was bedeutet, dass es neben der Erfüllung des Gebührentatbestands auf den Umfang und die Schwierigkeit oder die Höhe des Gegenstandswerts nicht ankommt. Der Rechtsanwalt erhält die Festgebühr für jede Angelegenheit einmal, ohne dass im Beratungshilfegesetz näher geregelt ist, wie weit dieser Begriff zu fassen ist. Insbesondere hinsichtlich Trennungs- und Scheidungsfolgesachen ist die Grenzziehung umstritten.
Der Senat schließt sich dem LG und dem von diesem auch zitierten OLG Düsseldorf (Beschl. v. 14.10.2008 – II-10 WF 13/09) an, wonach im Rahmen der Beratungshilfe für die Trennung hinsichtlich deren Folgen von verschiedenen Angelegenheiten auszugehen ist. Die gegenteilige Ansicht (u.a. OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.10.2006–8 W 360/06) überzeugt nicht, weil sie umstandslos die Regelungen während der Trennungszeit einerseits und Regelung bezüglich Scheidung und Folgesachen andererseits als jeweils eine Angelegenheit zusammenfasst.
Dass im anwaltlichen Gebührenrecht die Scheidung mit den Folgesachen zu einer Angelegenheit zusammengefasst wird (§ 16 Abs. 4 RVG), legt eine Angleichung für die Trennungsfolgen nicht nahe. § 16 Abs. 4 RVG erfasst nur den Fall des Scheidungsverbunds (Hartmann, KostG, 2009, § 16 RVG Rn 6). Dabei zeichnet er nach, dass im Scheidungsverbund verschiedene Folgesachen in einem Verfahren verhandelt und – abgesehen von Fällen der Abtrennung – entschieden werden. Einen gewissen finanziellen Ausgleich für diesen Umstand stellt im anwaltlichen Gebührenrecht der gem. § 22 Abs. 1 RVG aufaddierte Gegenstandswert dar, ein Korrektiv, das im Beratungshilferecht keine Rolle spielt. Der Senat geht mit dem LG und dem OLG Düsseldorf (a.a.O.) weiter davon aus, dass eine unbewusste Regelungslücke im Beratungshilferecht als Voraussetzung für eine entsprechende Anwendung des § 16 Nr. 4 RVG bei den Trennungsfolgen nicht vorliegt. Dem Gesetzgeber war die Problematik der verschiedenen Trennungsfolgen bei der Neufassung des anwaltlichen Gebührenrechts in Gestalt des RVG bekannt, so dass eine entsprechende gesetzliche Regelung oder Klarstellung hätte erwartet werden können, wenn es dem gesetzgeberischen Willen entsprochen hätte, bei der Beratungshilfe für die aus der Trennung folgenden Verfahren eine derartige Beschneidung der Anwaltsgebühren herbeizuführen.
Anmerkung
Siehe dazu auch den Überblick in AGSkompakt 2009, 70).