RVG § 15 Abs. 2; RVG VV Nr. 1008
Leitsatz
- Stellen die vom Prozessbevollmächtigten eingeleiteten (vier) Hauptsacheverfahren "dieselbe Angelegenheit" i.S.v. § 15 Abs. 2 S 1 RVG dar, so kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern.
- Hat ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber, so ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV um 0,9 nach Nr. 1008 VV zu erhöhen.
- Für die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss entsteht für den Anwalt eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV, auch wenn hier die Kostenfestsetzung vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen wird und nicht vom Rechtspfleger (wie BVerwG AGS 2007, 406; gegen VG Regensburg AGS 2005, 549).
SG Berlin, Beschl. v. 3.11.2009 – S 164 SF 532/09 E
1 Sachverhalt
Mit vier Haftungsbescheiden ging die Erinnerungsgegnerin im Wege der Erbenhaftung gegen die vier Erben (die späteren Kläger) wegen Beitragsschulden u.a. zur Sozialversicherung gesamtschuldnerisch vor. Die Schuldsumme war mit 26.360,19 EUR beziffert. Gegen die Haftungsbescheide legten alle vier Kläger, vertreten durch den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt, Widersprüche ein, die ausweislich der vier getrennt ergangenen Widerspruchsbescheide keinen Erfolg hatten.
Gegen die Widerspruchsbescheide erhoben alle vier Kläger jeweils eine gesonderte Klage zum SG, jeweils vertreten durch den prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt. Das Gericht registrierte die Klagen unter den Aktenzeichen S 89 KR 1844/07, S 89 KR 1846/07, S 84 KR 1849/07 und S 86 KR 1862/07. Die Klagen sind jeweils wortgleich bis auf die Beteiligtenkennzeichnung erhoben worden und enthalten identische Anlagen.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten im Verfahren S 89 KR 1846/07 hat die Vorsitzende die vier o.g. Hauptsacheverfahren durch Beschluss zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Rechtsstreite endeten durch Vergleichsschluss. Der Streitwert wurde rechtskräftig auf den Betrag von 26.360,19 EUR festgesetzt. In dem Vergleich wurde eine Kostentragung zulasten der Erinnerungsgegnerin von 4/5 hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten vereinbart.
Mit Kostenfestsetzungsanträgen vom 21.9.2007 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten wie folgt:
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im Verfahren S 89 KR 1846/07 brutto 3.180,87 EUR (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 EUR unter Liquidation von 1,3-Verfahrensgebühr, 1,2-Terminsgebühr, 1,0-Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer), |
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im Verfahren S 89 KR 1844/07 brutto 2.098,45 EUR (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 EUR unter Liquidation von 1,3-Verfahrensgebühr, 1,0-Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer), |
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im Verfahren S 86 KR 1862/07 brutto 2.098,45 EUR (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 EUR unter Liquidation von 1,3-Verfahrensgebühr, 1,0-Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer), |
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im Verfahren S 84 KR 1849/07 brutto 2.098,45 EUR (berechnet aus einem Gegenstandswert von 26.360,19 EUR unter Liquidation von 1,3-Verfahrensgebühr, 1,0-Einigungsgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer). |
Mit Schriftsatz vom 25.2.2008 "korrigierte" der Prozessbevollmächtigte den Kostenfestsetzungsantrag vom 21.9.2007 dahingehend, dass nunmehr die Kostenfestsetzung wie folgt begehrt wurde: Bruttobetrag 4.765,00 EUR, berechnet aus 1,3-Verfahrensgebühr zzgl. Pauschale nach Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer bezogen auf einen Gegenstandswert von 26.360,19 EUR sowie 1,2-Terminsgebühr und 1,0-Einigungsgebühr nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV und Umsatzsteuer bezogen auf einen Gegenstandswert von 105.440,76 EUR (4 x 26.360,19 EUR).
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.12.2008 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Betrag der zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 3.792,96 EUR fest. Dabei berücksichtigte sie eine 1,3-Verfahrensgebühr bezogen auf einen Gegenstandswert von 26.360,19 EUR und bezogen auf einen Gegenstandswert von 105.440,76 EUR eine 1,2-Terminsgebühr, 1,0-Einigungsgebühr sowie die Pauschale nach Nr. 7002 VV zzgl. Umsatzsteuer (Gesamtbetrag 4.741,20 EUR), hiervon 4/5 = 3.792,96 EUR.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die "Beschwerde", mit der ihr Prozessbevollmächtigter rügt, dass dem Anwalt im Falle der Verfahrensverbindung dahingehend ein Wahlrecht zustünde, dass er zwischen der Einzelliquidation und der Gesamtliquidation bei Verfahrensverbindung wählen könne. Er beantragt nunmehr unter Korrektur früherer Kostenfestsetzungsanträge, den Betrag der zu erstattenden Kosten insgesamt auf 10.178,78 EUR festzusetzen (1,3-Verfahrensgebühr, 1,2-Terminsgebühr, 1,0-Einigungsgebühr, Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV zuzüglich Umsatzsteuer bezogen auf einen Gegenstandswert von 26.360,19 EUR ergibt 3.180,87 EUR); multipliziert mit vier Verfahren ergäben sich 12.723,48 EUR, hiervon 4/5.
2 Aus den Gründen
Die als "Beschwerde" erhobene Erinnerung hat keinen Erfolg.
Nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 VwGO sind Kosten des Verfahrens auch...