RVG § 15; RVG VV Nrn. 2500 ff.

Leitsatz

  1. Unabhängig von der Zahl der Berechtigungsscheine richtet sich die Vergütung für Beratungshilfe danach, ob eine oder mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten vorliegen (Anschluss an OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2009–16 Wx 252/08, AGS 2009, 422 und OLG Stuttgart, Beschl. v. 4.10.2006–8 W 360/06, AGS 2007, 97). Für die Bewertung der Rechtsanwaltstätigkeit sind die zu § 15 Abs. 2 S. 1 RVG entwickelten allgemeinen Grundsätze heranzuziehen sind (Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.10.2008 – I-10 W 85/08, AGS 2009, 79).
  2. Bei der Tätigkeit in den Bereichen „Ehescheidung“, „Hausrat/Wohnungszuweisung“ und „Umgangsrecht/Sorgerecht“ handelt es sich jeweils um eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit, da zwischen diesen Angelegenheiten kein innerer Zusammenhang besteht.
  3. Bei der Tätigkeit des Rechtsanwalts betreffend Hausrat und Wohnungszuweisung handelt es sich hingegen um dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG.

KG, Beschl. v. 26.1.2010–1 W 92/08

Aus den Gründen

Entgegen der Ansicht des LG hat die Beteiligte zu 1) für die Angelegenheit „Hausrat/Wohnungszuweisung“ gegen die Landeskasse einen weiteren Vergütungsanspruch i.H.v. 99,96 EUR gem. § 44 S. 1 RVG i.V.m. Nrn. 2503, 7002, 7008 VV. Rechtlich zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass sich die Vergütung für Beratungshilfe – unabhängig von der Zahl der Berechtigungsscheine – danach richtet, ob eine oder mehrere Angelegenheiten i.S.v. §§ 15 ff. RVG vorliegen (vgl. OLG Köln FamRZ 2009, 1345; OLG Stuttgart, FamRZ 2007, 574) und hier für die Bewertung nicht § 16 Nr. 4 RVG (a.F.), sondern die zu § 15 Abs. 2 S. 1 RVG entwickelten allgemeinen Grundsätze heranzuziehen sind (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2009, 430). Es ist jedoch rechtlich zu beanstanden, dass das LG angenommen hat, es liege insgesamt nur eine Angelegenheit vor, weil die Trennung der Eheleute entscheidender Auslöser für die gesamte Tätigkeit der Beteiligten zu 1) gewesen sei. Das genügt für den erforderlichen inneren Zusammenhang nicht (vgl. OLG Köln a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.). Vielmehr stellen das Getrenntleben der Ehegatten und die beabsichtigte Ehescheidung unterschiedliche Lebenssachverhalte dar. Die Trennung haben die Eheleute bereits vollzogen; die Ehescheidung folgt ihr nicht zwangsläufig (vgl. OLG Brandenburg MDR 2009, 1417).

Danach ist die Beteiligte zu 1) hier in drei verschiedenen Angelegenheiten tätig geworden, nämlich „Ehescheidung“, „Hausrat/Wohnungszuweisung“ und „Umgangsrecht/Sorgerecht“. Die auf die Scheidung bezogene Tätigkeit hat einen anderen Rahmen als die beiden letztgenannten Angelegenheiten. Auch die Angelegenheiten „Hausrat/Wohnungszuweisung“ und „Umgangsrecht/Sorgerecht“ gehören innerlich nicht zusammen; einerseits geht es um Vermögensangelegenheiten, andererseits um die persönlichen Belange des Kindes.

Im Übrigen ist die weitere Beschwerde nicht begründet. Bei der Tätigkeit der Beteiligten zu 1) betreffend Hausrat und Wohnungszuweisung handelt es sich um dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG. Die Behandlung der Ehewohnung und der Haushaltsgegenstände anlässlich der Trennung steht in einem inneren Zusammenhang. Gleiches gilt für das Umgangsrecht mit dem Sohn und das im anwaltlichen Schreiben vom 25.6.2006 erwähnte Sorgerecht. In beiden Fällen geht es um die elterliche Verantwortung für die persönlichen Angelegenheiten des Kindes, die zusammen gehören. Eine Angelegenheit i.S.v. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG kann mehrere Gegenstände erfassen, vgl. § 22 Abs. 1 RVG. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) ist es auch unerheblich, ob die zu einer Angelegenheit zusammengefassten Gegenstände – vor oder nach Anhängigkeit einer Ehesache – in getrennten gerichtlichen Verfahren geltend zu machen wären. Auf Verfahrensvorschriften kommt es für die Bewertung der außergerichtlichen Tätigkeit nicht an.

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