Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Überblick
Zum gerichtlichen Verfahren vor dem AG kann es nach Einlegung des Einspruch des Betroffenen gegen die Bewilligung der Vollstreckung durch das Bundesamt (vgl. § 87h IRG) und aufgrund des Antrags des Bundesamtes gem. § 87i IRG kommen. Beide Verfahren schließen sich gegenseitig aus, da die Bewilligungsentscheidung der Behörde nach einer Entscheidung des Gerichts auf Antrag des Bundesamtes gem. § 87i Abs. 6 S. 2 IRG unanfechtbar ist. Die Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren vor dem AG kann deshalb nur einmal anfallen.
Die Vergütung im gerichtlichen Verfahren vor dem AG ist in dem neuen Unterabschnitt 2 des Abschnitts 1 von Teil 6 VV geregelt. Das erstinstanzliche gerichtlichen Verfahren vor dem AG stellt gegenüber dem Verfahren vor dem Bundesamt eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit dar, in der der Anwalt die Verfahrens- und Terminsgebühr nach den Nrn. 6101, 6102 VV verdienen kann. Wäre dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit gegeben, wäre der Anfall der Verfahrensgebühren Nr. 6100 VV und Nr. 6101 VV nebeneinander nicht möglich, vgl. § 15 Abs. 2 S. 2 RVG.
b) Beginn des gerichtlichen Verfahrens
Hilft die Bewilligungsbehörde dem Einspruch des Betroffenen gegen die Bewilligung der Vollstreckung (§ 87f IRG) nicht ab, so entscheidet gem. § 87g Abs. 1 S. 2 IRG das nach § 87g Abs. 2 IRG zuständige AG. Das zuständige AG entscheidet gem. § 87g Abs. 1 S. 3 IRG ferner, wenn die Bewilligungsbehörde einen Antrag gem. § 87i IRG stellt. In Betracht kommen gem. § 87g Abs. 1 S. 2 und 3 IRG somit zwei verschiedene erstinstanzliche gerichtliche Verfahren, nämlich das Verfahren,
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das auf den Einspruch des Betroffenen nach § 87f Abs. 4 IRG gem. §§ 87g ff. IRG folgt und |
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das Verfahren auf gerichtliche Entscheidung auf Antrag der Bewilligungsbehörde über die Umwandlung der Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates durch das Gericht nach § 87i IRG. |
§ 87g Abs. 2 S. 4 IRG schreibt vor, dass für die örtliche Zuständigkeit des AG im Falle der Einspruchseinlegung gegen die Bewilligungsentscheidung (§ 87h IRG) auf den Zeitpunkt des Eingang des Einspruchs bei Gericht und bei einem Antrag des Bundesamtes gem. § 87i IRG auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht abgestellt wird. Diese Regelung macht deutlich, dass nach Vorstellung des Gesetzgebers das Verfahren vor dem Bundesamt (vgl. Vorbem. 6.1.1 VV) mit dem Eingang des Einspruchs des Betroffenen bzw. mit Eingang des Antrags der Bewilligungsbehörde nach § 87i IRG bei Gericht endet.
Der gebührenrechtliche Beginn des gerichtlichen Verfahrens vor dem AG (vgl. § 87g Abs. 1 S. 2 und 3 IRG) ist in Teil 6 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 und 2 VV anders als in der Anm. zu Nr. 4104 VV, in Anm. Abs. 2 zu Nr. 6202 VV und in der für Bußgeldsachen geltenden Vorbem. 5.1.2 Abs. 1 VV zwar nicht geregelt worden. Auf den Inhalt der zuletzt genannten und für das ähnlich gestaltete und vergleichbare Bußgeldverfahren geltenden Bestimmung kann jedoch vor dem Hintergrund der Regelung in § 87g Abs. 2 S. 4 IRG für das dem Bewilligungsverfahren vor dem Bundesamt nachfolgende gerichtliche Verfahren zurückgegriffen werden. Der Rückgriff auf Vorbem. 5.1.2 Abs. 1 VV erscheint vertretbar, weil für das Verfahren teilweise auf Bestimmungen des OWiG verwiesen wird und es dem Bußgeldverfahren ähnelt. Das Verfahren vor dem Bundesamt endet somit mit Eingang der Akten beim Gericht nach Stellung eines Antrags gem. § 87i IRG bzw. Einlegung eines Einspruchs gem. § 87g IRG.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Gesetzgeber gewählten Überschrift zu § 87g IRG (Gerichtliches Verfahren). Denn dort ist nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein gerichtliches Verfahren stattfinden kann, nicht aber, wann es in verfahrens- und gebührenrechtlicher Hinsicht beginnt.
Daher gehört die Einlegung des Einspruchs gegen die Bewilligung der Vollstreckung durch das Bundesamt noch zum Verfahren vor dem Bundesamt und damit zum Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr Nr. 6100 VV.
Beispiel 1
Der Rechtsanwalt vertritt den Betroffenen im Bewilligungsverfahren vor dem Bundesamt. Gegen die Bewilligungsentscheidung legt der Rechtsanwalt auftragsgemäß Einspruch ein. Das Bundesamt hilft dem Einspruch ab und hebt die Entscheidung auf.
Entstanden ist lediglich eine Verfahrensgebühr Nr. 6100 VV, da das gerichtliche Verfahren erst mit Eingang der Akten beim AG nach Einspruchseinlegung beginnt.
c) Verfahrensgebühr
Der Wahlanwalt erhält im gerichtlichen Verfahren nach Nr. 6101 VV eine Verfahrensgebühr in Höhe von 80,00 EUR bis 580,00 EUR (Mittelgebühr 330,00 EUR). Ist der Anwalt gerichtlich bestellt worden (§§ 87e, 53 IRG), entsteht eine Festgebühr in Höhe von 264,00 EUR.
Die Verfahrensgebühr deckt die gesamte Tätigkeit im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren ab (Vorbem. 6 Abs. 2 VV; Beginn des gerichtlichen Verfahrens: Eingang der Akten bei Gericht), ausgenommen ...